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Mobilfunk - Betreiber


Handybetreiber drohen mit Milliardenklagen gegen die Republik

Wien - Bei den sechs heimischen Mobilfunkern liegen die Nerven blank: Sie haben Milliarden für die Lizenzen zum Funken bezahlt, nun sehen sie sich beim Netzbau von Städten und Gemeinden behindert.

"Es kann nicht sein, dass ein Land Lizenzen vergibt, dafür kassiert, es dann aber unmöglich macht, auch tatsächlich ein Netz zu bauen." Kurt Lüscher, Chef der Handysparte der spanischen Telefónica in Österreich, stellte der Republik Österreich am Dienstag mit ungewöhnlich harten Worten die Rute ins Fenster: Wenn sich die angespannte Situation beim Bau der Funkanlagen für das neue Mobilfunksystem UMTS bis Jahresmitte nicht verbessere, werde Telefónica ihr Engagement in Österreich überprüfen. Ein Rückzug und die Rückgabe der Konzession seien nicht mehr auszuschließen, sagte ein sichtlich genervter Lüscher.

Der Republik Österreich drohen im schlimmsten Fall Klagen in Milliardenhöhe, denn die Handyfunker würden in der Folge natürlich auch die bereits bezahlten Lizenzgebühren zurückfordern. Insgesamt haben sie vor einem Jahr 11,443 Milliarden Schilling (831,6 Mio. Euro) für die multimediatauglichen Handyfrequenzen hingeblättert.

Der Telefónica-Manager findet sich mit diesem Bedrohungsszenario in bester Gesellschaft, denn auch die fünf anderen UMTS-Lizenzbesitzer - Mobilkom, Max.mobil, Connect Austria (One), Tele.ring und Hutchison - verlangen rechtliche Klarheit in Sachen Handystrahlung. Vor allem das so genannte Network-Sharing, der gemeinsame Aufbau und Betrieb des UMTS-Netzes, sei in der derzeitigen Situation nicht möglich. Was fehlt - und das seit 1999 -, ist im Wesentlichen die entsprechende Grenzwerteverordnung, mit der ein bundesweit gültiger Höchstwert an elektromagnetischer Strahlung festgelegt wird.

Die öffentliche Auseinandersetzung darüber läuft seit vielen Jahren und kommt mit UMTS auf Hochtouren. Regionale Sonderregelungen, wie etwa der Salzburger Vorsorgewert, der den Mobilfunkern einen Grenzwert von einem Milliwatt pro Quadratmeter vorschreibt und damit mehrere Tausend Milliwatt unter dem von der Weltgesundheitsorganisation WHO als nicht gesundheitsgefährdend eingestuften Strahlenwerts liege, sind neuer Zündstoff für die Funkfirmen.

In einer gemeinsamen Pressekonferenz stellten die Firmenchefs nun die Rute ins Fenster: Unter einer Vorgabe wie jener in Salzburg sei der Betrieb eines Mobilfunknetzes nicht möglich. Und bekommen vom Infrastrukturministerium prompt erneut eine Absage: Laut Ministerium gibt es mit der Önorm eine grundsätzliche gesetzliche Regelung, die bundesweit die Anwendung der WHO-Richtlinien vorschreibt. Konkret sehen diese Grenzwerte von 4,5 Watt bei einer 900 MHz-GSM-Frequenz, neun Watt bei einer 1800 MHz-GSM-Frequenz und zehn Watt bei UMTS vor. Eine Umgehung dieser Vorschrift sei gar nicht erlaubt. In Salzburg sei deshalb ein Verwaltungsverfahren wegen Amtsmissbrauchs anhängig, so das Ministerium.

© DER STANDARD, 8. November 2001


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