Purkersdorf Online

Interview Michael Gutsch


Ein Schüler, der lieber ins linke Café geht

Michael, kannst du dich kurz vorstellen?

Ich bin 20 Jahre alt, Schüler am Abendgymnasium in Wien am Henriettenplatz, ansonsten momentan erwerbslos. Davor besuchte ich das Gymnasium in Purkersdorf, wo ich eine Zeitlang Schulsprecher und Klassensprecher war. Auch am Abendgymnasium in Wien bin ich in der SchülerInnen-Vertretung tätig.
In Purkersdorf wohne ich seit 1995 bei meinen Großeltern.

Wie kommst du dazu, dich auf kommunalpolitischer Ebene zu engagieren?

Begonnen hat alles vor einigen Jahren, wo mein Interesse an der Politik insbesondere durch meinen Geschichtsunterricht in Purkersdorf geweckt wurde. Über Ingo Riß aus Purkersdorf begann mein Kontakt zur KPÖ in Wien, wo ich auch Mitglied bin. 2004 war ich Aktivist der LINKEn bei der EU-Wahl und war in der Wahlkampfwerkstatt in Wien Margareten aktiv. Mit der Zeit begann ich mich auch für die kommunale Politik in Purkersdorf zu interessieren und damit für die Liste Baum, die für mich eine interessante linke und grüne Alternative darstellt.

Insbesondere das Thema Jugendpolitik ist ein Punkt, der in Purkersdorf wohl mehr einem Trauerspiel gleicht. Ich wünsche mir eine ernsthafte Beschäftigung mit den Interessen der Jugendlichen.

Purkersdorf ist für Jugendliche nicht sonderlich attraktiv ist, darüber können auch keine teuren Purkersdorf-Anstecker der Gemeinde hinwegtäuschen.

Ist Jugendpolitik dir ein besonderes Anliegen?

Ja, hier gibt es auch viel zu tun. Zwar wurde vor einiger Zeit eine Initiative »Jugendgemeinderat« in Purkersdorf gegründet, doch diese verdient momentan ihren Namen nicht. Bei der letzten Zusammenkunft waren gerade einmal rund 5-10 Jugendliche anwesend. Das Projekt »Jugendgemeinderat« scheint gescheitert. Doch das muss nicht so sein. Ich denke, ein Jugendrat kann funktionieren und muss funktionieren. Dazu muss ihm die Möglichkeit gegeben werden sich selbst zu organisieren und dem Gemeinderat seine Anliegen zu präsentieren, er muss ernst genommen werden. So halte ich die Errichtung einer von den Jugendlichen selbstverwalteten Plattform im Internet für eine Grundvoraussetzung für die jugendpolitische Arbeit. Wenn sich die Jugendlichen vernetzen, können sie sich auch in die Politik einbringen. Doch gerade dann darf die Gemeinde ihre Augen auch nicht vor dem Recht auf Mitbestimmung der Jugendlichen verschließen. Wählen ab 16, wie es mit ziemlicher Sicherheit bei den nächsten Wiener Bezirks- und Gemeinderatswahlen bereits Realität sein wird, muss auch in Purkersdorf Realität werden.

Mitsprache der Bevölkerung ist das Um und Auf in der Politik. Es kommt nicht von ungefähr, dass die Wahlbeteiligung von Wahl zu Wahl sinkt. Die Menschen sind frustriert - doch nicht von der Politik selbst, sondern von den PolitikerInnen. Während der Wahlen gibt man sich großzügig, volksnah, und verspricht viel - der Alltag in der Politik sieht jedoch anders aus. Genau dies muss sich ändern. Die Menschen müssen mehr Möglichkeit haben die Politik zu beeinflussen und deren Entscheidungen wahrzunehmen.

Um wieder auf das Thema Jugend zurück zu kommen, eine vor kurzem durchgeführte Umfrage eines Internet-Jugendmagazins zeigte, dass die Jugendlichen nicht an Politik uninteressiert sind, im Gegenteil, das Problem seien die Politiker. In diesem Sinn will ich einen leicht abgewandelten Text von der Gruppe »Parasiten« zitieren: »Neue Politiker braucht das Land!«

Was hat dich in den vergangenen Jahren besonders gefreut, was besonders geärgert?

Ich denke die Liste Baum & Grüne haben vieles erreicht. So wurden nicht zuletzt durch die Beharrlichkeit der LIB&G zukunftsweisende ökologische Projekte wie das Biomasseheizwerk umgesetzt. Des weiteren gelang es Purkersdorf, das Militärbefugnisgesetz, das dem Bundesheer ohne ernsthafte Kontrolle erlaubt Nachrichten abzuhören, Personen zu überwachen, ect., in Purkersdorf außer Kraft zu setzen. Damit wurde ein wichtiger demokratiepolitscher Akzent gesetzt. Auch gelang es auf Initiative der Liste Baum & Grüne die Solidarität zur österreichischen Friedensbewegung kundzutun (welche ich auch im Rahmen meiner zeitlichen Möglichkeiten im Zuge der Einleitung eines Friedensvolksbegehrens unterstütze). So wurde als Zeichen der Ablehnung des US-Angriffskrieges gegen den Irak am Rathaus die allseits bekannte regenbogenfarbene Friedensfahne angebracht.

Verärgert hat mich am meisten die Dreistigkeit, mit der gewisse Spitzenpolitiker in Purkersdorf auf der einen Seite lauthals ein »Muh« kundtun und gegenüber ihren KollegInnen und der Presse lauthals ein »Mäh« verkünden. Besonders fiel mir das im Rahmen der Vorbereitung des 1. Schulballes des Gymnasiums Purkersdorf auf, in die ich als damaliger Schulsprecher involviert war. Eine basisdemokratische Entscheidung der betroffenen SchülerInnen besagte, dass der Ball im Palais Auersperg in Wien stattfinden solle. Auf der Suche nach Sponsoren sprachen Leute des Komitees und der betroffenen Klasse auch mit VertreterInnen der Stadtregierung. Diese sagte Unterstützung zu und respektierte die Entscheidung.

Wenige Tage später las man von den selben Politikern, dass es ein Skandal sei, dass die SchülerInnen nicht in Purkersdorf feiern würden.

Dies ist Wendehalspolitik, die ich unerträglich finde. Ich wünsche mir Menschen mit Rückgrat in der Politik.

Was machst du, wenn du nicht grade in der Schule sitzt oder lernst?

Da gibt es meine Freunde mit denen ich mich regelmäßig treffe. Des weiteren bin ich auf einer politischen Plattform im Internet aktiv, interessante Computerspiele gibt es auch, und ansonsten wäre da die Politik in Purkersdorf als auch in Wien, wo ich mich einsetze. Mit dem klassischen Klischee von Fußball und Disco am Samstag kann ich nicht dienen. Ich bevorzuge da mehr Fingersport (Tastatur) und eine gemütliche linke Bar, bzw. ein linkes Cafè.

Karl Berger führte das Gespräch mit Michael Gutsch


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Letzte Änderung: 2005-02-21 - Stichwort - Sitemap