Purkersdorf Online

LIB-Rundbrief 2002-06-11


Presseaussendung zu wichtigen Entwicklungen beim Strom

  1. Glawischnig: Verhandlungen zum Stromgesetz in entscheidender Phase
    Landeshauptleute beraten Novelle - Grüne verlangen Ökostrom-Offensive

    "Die Verhandlungen für eine Novelle des österreichischen Stromgesetzes befinden sich derzeit in der entscheidenden Phase", so Eva Glawischnig, Energiesprecherin der Grünen. Bereits morgen sollen auf der Landeshauptleutekonferenz die Weichen für die gesetzliche Neuregelung der Stromwirtschaft gestellt werden. "Wir befürworten die geplante Kompetenzverlagerung für Ökostrom von der bisher zuständigen Landes- auf die Bundesebene, wenn es dadurch zu einer Verbesserung der Markchancen für Ökostrom kommt", so Glawischnig. Die Grünen sind nur unter diesen Bedingungen bereit, der Novelle zuzustimmen. "Man kann nicht gegen Atomstromimporte auftreten und gleichzeitig Ökostrom weiter benachteiligen. Unter den bisher gegebenen Rahmenbedingungen sind weder die von der EU vorgegebene Ökostromquote noch die Klimaschutzziele erreichbar", appelliert Glawischnig an Wirtschaftsminister Bartenstein, eine ambitionierte Gesetzesnovelle vorzulegen. Die Grünen fordern eine bundeseinheitliche Einspeiseregelung für Ökostrom auf hohem Niveau und eine österreichweit einheitliche Stromkennzeichnung.

    Kritik übt Glawischnig an Niederösterreich und Burgenland, die die im Stromgesetz (ElWOG - Elektriziätswirtschaftsorganisationsgesetz) vorgesehenen Mindestziele für Ökostrom als Obergrenze interpretieren. "Damit ist eine Ausweitung der Windenergiekapazitäten in den kommenden Jahren kaum mehr möglich", kritisiert Glawischnig. "Derzeit liegen Windkraftprojekte über insgesamt 500 MW fertig in der Schublade. Diese würden Investitionen in der Höhe von 500 Mio. Euro (7 Mrd. ATS) auslösen, 2000 neue Arbeitsplätze schaffen und den Windstromanteil auf ca. 10 Prozent steigern", argumentiert Glawischnig.

  2. Durchbruch bei Kleinwasserkraft und Kraft-Wärme-Kopplung gefährdet. Fortsetzung der Ökostrombürokratie durch E-Control droht.

    Morgen sollen auf der Landeshauptleutekonferenz im Beisein von BM Bartenstein die Weichen in Sachen Ökostromlösung gestellt werden. Die starre Haltung des Bundes in der Frage der Kleinwasserkraft und der Kraft-Wärme-Kopplung könnte aber den dringend notwendigen Durchbruch bei den Verhandlungen noch gefährden.

    Stolperstein Kleinwasserkraft

    Der Vorschlag des Bundes sieht die Vereinheitlichung der bisher von den Ländern festgelegten Ausgleichsabgaben vor, und setzt bei der Förderung der Kleinwasserkraft weiterhin auf die Beibehaltung des bisher erfolglosen Zertifikatehandels. Die Länderexperten drängen auf eine Harmonisierung der Förderungssysteme und wollen das bewährte System der Mindesteinspeistarife auch auf die Förderung der Kleinwasserkraft zur Anwendung bringen. Der Umweltdachverband unterstützt die Harmonisierungsbestrebungen der Länder und setzt sich für eine Staffelung der Förderungen entsprechend der Erzeugungskapazität der Anlagen ein.

    "Mit der Vereinheitlichung der Ausgleichsabgabe kann nicht garantiert werden, dass der Zertifikatehandel in Zukunft auch funktionieren wird. Wir sprechen uns deshalb klar gegen die Fortsetzung dieses unsicheren Experiments auf dem Rücken der Kleinwasserkraftbetreiber aus. Es kann doch nicht sein, dass an einem kostenintensiven und undurchschaubaren System festgehalten wird, nur um künstlich Aufgaben für die E-Control zu erhalten. Der Bund sollte sich ganz im Gegenteil dafür einsetzen, dass die Fördermittel möglichst kosteneffizient eingesetzt werden," appelliert Dr. Gerhard Heilingbrunner, Präsident des Umweltdachverbandes, an BM Bartenstein, seine Haltung zu überdenken.

    Stolperstein Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)

    Positiv zu bewerten ist die grundsätzliche Einigung zwischen Bund und Ländern, die Mehrkosten für den Erhalt der bestehenden KWK-Anlagen in einem bundesweiten Zuschlag zu regeln. Uneinigkeit herrscht allerdings bei der Höhe des zu verordnenden Zuschlages. Aus Sicht der KWK-Betreiber ist der bundesweit geplante Zuschlag von 0,1 Cent pro verbrauchter kWh derzeit zu gering, um den Bestand der Kraft-Wärme-Kopplung in Österreich sichern zu können.

    Damit gerät die heimische KWK unter Druck. Ganz im Unterschied zu den Anlagen im benachbarten Deutschland. Dort wird die Modernisierung und der Ausbau der KWK-Anlagen als derzeit volkswirtschaftlich kostengünstigste Möglichkeit der Energieeinsparung und CO2-Reduktion gesehen. Ganze 40% der Kyoto-Verpflichtungen sollen über die Förderung der KWK erfüllt werden. Entsprechend dazu wurden im deutschen Modernisierungsgesetz für Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen Förderungstarife festgelegt, die weit über den derzeit in Österreich diskutierten liegen. Durchschnittlich soll die Kilowattstunde KWK-Strom in Österreich mit 1,15 Cent gefördert werden. Im Vergleich dazu fördert Deutschland seine KWK zu Beginn mit mindestens 1,53 Cent (alte Anlagen vor 1990) bzw. 1,74 Cent (modernisierte Anlagen).

    Aus Sicht des Umweltdachverbandes - aber auch aus Sicht der Klimastrategie des Bundes! - müssen daher auch in Österreich geeignete Rahmenbedingungen und Anreize geschaffen werden, um die wirtschaftliche Attraktivität der gemeinsamen Erzeugung von Strom und Wärme in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen auch im liberalisierten Strommarkt aufrechtzuerhalten und weiter zu verbessern.

    Die bestehenden KWK-Anlagen sind wichtig für die Erreichung unserer Klimaschutzziele und müssen daher mit vergleichbaren Förderungssätzen wie in Deutschland ausgestattet werden. Es nützt keinem etwas, wenn die KWK-Anlagen in Ostösterreich der Reihe nach zusperren und im gleichen Ausmaß die Importabhängigkeit von Atomstrom in dieser Region massiv zunimmt. Die neue Ökostromlösung muss unbedingt dafür sorgen, dass bestehende, energieeffiziente KWK-Anlagen weiterhin betrieben werden können. Wer nein zu Atomenergie und ja zu Kyoto sagt, muss sich klar für eine Unterstützung der Kraft-Wärme-Kopplung aussprechen.

    Keine weitere Aufblähung der E-Control

    Der Vorschlag des Bundes zum Ökostromgesetz führt zu einer massiven Erweiterung des Aufgaben- und Kompetenzbereiches der E-Control. Dabei werden Aufgaben einer Behörde mit politischen Kompetenzen unzulässig vermischt.

    "Die E-Control droht zu einem Schattenenergieministerium zu werden. Bundesminister Bartenstein darf seine politische Verantwortung nicht an den weisungsungebundenen Stromregulator abtreten. Anstatt über die Anteile bei der Ökostromvermarktungsstelle zu feilschen, sollte besser darüber diskutiert werden, wie die sich abzeichnende Allmacht der E-Control im Ökostrombereich abgewendet werden kann", meint Dr. Heilingbrunner.


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