Purkersdorf Online

STREIK!!-Wer schoss ins Knie?


LIB-Rundbrief 2003-11-10

Überblick:


0a) Aktuelle Lage: ÖBB-Zerschlagung und Frächterfreifahrt sowie Straßenbauoffensive sind 2 Seiten derselben Medaille

Die Verkehrspolitik steht in Österreich derzeit an einem durchaus historischen Wendepunkt: alle bisherigen Regierungen setzten die Kostenwahrheit bei den Frächtern nicht durch, (d. h. dass diese im Vergleich zu den von ihnen verursachten Kosten nur wenig bezahlen), alle bisherigen Regierungen und Minister waren in Wahrheit die Schutzpatrone der Frächter.

Nun haben wir auch im Transit aufgrund der jahrelangen Zurückweichens vor der Frächterlobby einen Scherbenhaufen, weil die EU auf der "Ungleichbehandlung" zwischen österreichischen und anderen herumreiten kann. Folge ist: "Freie Fahrt für freie Frächter". Gleichzeitig steht der öffentliche Verkehr mit der Zerschlagung der ÖBB und den unmittelbar bevorstehenden Abverkauf bei den Bussen am Rande des Absackens, statt dass ein ökologisch und sozial notwendige Offensive gestartet wird. Verkehrsminister Gorbach, der vierte blaue Verkehrsminister innerhalb von vier Jahren (nach Schmidt, Forstinger, Reichhold, und fachlich ebenso unbelastet wie diese), verkündete beim jüngsten "Konjunkturpaket": "2004 wird das Jahr des Straßenbaus".

Frächterfreifahrt, Straßen- und Autobahnbauoffensive sowie ÖBB-Zertrümmerung hängen logisch zusammen und wurzeln in der Dominanz der kurz- und mittelfristigen Profitinteressen.

Und NÖ ist übrigens besonders betroffen, da wir noch die meisten Bahnstrecken haben, und gleichzeitig hier die meisten Gelder für Autobahnen verschleudert werden

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0b) ABWEHRSTREIKS BEI BUS UND BAHN GEWINNEN EINE NICHT ZU ÜBERSCHÄTZENDE BEDEUTUNG UND VERDIENEN VOLLE SOLIDARITÄT

Die Regierung wischte bei den montägigen Verhandlungen nun nicht nur alle sachlichen und fachlichen Einwendungen von Gewerkschaft und AK vom Tisch, sondern ignoriert auch den Rechnungshof, den Bahnregulator, die sogenannten "Eisenbahnprofessoren" und sogar die Stellungnahmen des Finanzministeriums und der Kärntner Landesregierung.

Daher verdient Haberzettl volle Unterstützung, wenn er nun sagt: "Wir EisenbahnerInnen werden weiterhin dagegen kämpfen, dass das größte Verkehrsunternehmen Österreichs nach englischem Vorbild auf dem Altar des Neoliberalismus geopfert wird."

IN DIESER SITUATION GEWINNEN DIE BEVORSTEHENDENABWEHRSTREIKS BEI BUS UND BAHN EINE NICHT ZU ÜBERSCHÄTZENDE BEDEUTUNG. Daher: Volle Solidarität mit den bevorstehenden Streiks bei Bahn und BUS! Beitragen kann jedeR, weil über die Streiks, ihre Dauer und den Erfolg letztlich im öffentlichen Klima entschieden werden wird.

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0c Die Wienerwald-Region hat Haberzettl als engagierten Bündnispartner kennengelernt

Ich möchte vorausschicken, dass wir in der Wienerwaldregion eine einfache Erfahrung mit dem jetzigen Chef der Eisenbahnergewerkschaft haben. Vor etlichen Jahren machten wir als "Unsere Westbahn - unsere Busse" eine große Veranstaltung im Gasthaus Tiapal, weil die ÖBB den Personenverkehr auf unserer Strecke ziemlich einschränken wollte. Es kamen diverse Abgeordnete, niemand kam aber von der ÖBB als Unternehmensvertreter, nur ein unbekannter Herr Haberzettl, ein Gewerkschafter tauchte auf, engagierte sich für sein Unternehmen und steckte unverdient Prügel ein. Jedenfalls war ihm schon lange im Gegensatz zu den Zuständigen der öffentliche Verkehr offenbar ein Herzensanliegen....

Weiters ist zu betonen, dass gerade der Wienerwald mit seinen 2 Autobahnen in Zukunft eine viel wichtigere Transitstrecke für die Frächter werden wird und daher die Region besonders betroffen ist.

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1) Wer schoss ins Knie? - ein Lehrstück über Lobbies und Theater in drei Tagen

Der stv. Generalsekretär der Wirtschaftskammer Mitterlehner lehnte Freitag selbst die wenigen Maßnahmen ab, die beim "Transitgipfel" der Parlamentsparteien herausgekommen waren. Für ihn seien mehr Kontrollen ein "Schuss ins Knie": Mitterlehner dankenswerterweise offen: Kontrollmaßnahmen könnten nicht hingenommen werden, da diese Maßnahmen auch österreichische Frächter träfen.! Und wieder muss das rührende Argument von der Nahversorgung mit Semmeln als allgemeines Argument für Transitlawine und allgemeine Profitmacherei herhalten.

"Mitterlehner macht deutlich, dass die Wirtschaft sich nicht einen Deut um die Gesundheit der Transitanrainer schert. Sie tritt stattdessen als Außenstelle der internationalen Transitlobby auf", so Eva Lichtenberger, Verkehrssprecherin der Grünen. "Mitterlehner steht nicht einmal hinter den ohnehin handzahmen Kontrollmaßnahmen der Bundesregierung, an denen er als Vertreter einer gesetzestreuen Wirtschaft eigentlich interessiert sein müsste", so Lichtenberger.

Genau das Kapitulieren der österreichischen Politik vor der österreichischen Frächterlobby verhinderte "EU-konforme" Maßnahmen, weil diese wie angeführt "Ungleichbehandlung" nicht zulässt. Das ist der wirkliche "Schuss ins Knie". Freud schau oba. - Ein wirklicher "nationaler Schulterschluss" müsste daher endlich gegen die nationale Frächterlobby richten.

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1b) Auch Fischler gegen verstärkte Kontrollen

Nicht genug, sprach sich auch EU-Kommissar Fischler gegen verstärkte Kontrollen aus; eine mehr als merkwürdige Auffassung für einen EU-Politiker, der auch auf die Einhaltung der Rechtsordnung schauen sollte.

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1c) Exekutive: sowieso kein Personal für mehr Kontrollen

Zur Abrundung verlautete von Seiten der Exekutive, dass für verstärkte Kontrollen derzeit sowieso weder Infrastruktur noch Personal vorhanden sei. Also zurück an den Start. Wie lange lässt sich die Bevölkerung eine solche Inkompetenz und ein solches Schmähführen gefallen?

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2) ÖBB: Klartext von unverdächtiger Seite: Es geht nicht um Einsparung, sondern um Ausverkaufsvorbereitung

Es klärten sich einige Nebel um das spektakuläre doppelte Scheitern der Verkehrspolitik der Regierung beim Transit und beim öffentlichen Verkehr:

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2a) Rechnungshof stellt Kukacka bloß: Keine Einsparungen durch ÖBB-"Reform"

Selbst der schwarz geführte Rechnungshof hat klargestellt, dass bei der sog, "ÖBB-Reform" keine Einsparungen zu sehen seien, ja im Gegenteil durch die Vervielfältigung der Firmen (und Posten für Regierungsfreunde) weitere Kosten entstehen. Damit wird bestätigt, dass es Privilegienstaatssekretär Kukacka & Co tatsächlich um die Zerschlagung der ÖBB und die Vorbereitung auf die Privatisierung und um die weitere parteipolitische Besetzung von Posten geht.

Herr Kukacka hat darauf in einer Presseaussendung (APA-OTS, 7.11. 14.33 h) kundgetan, dass er außer von Parteipolitik und seiner Maximal-Pensionssicherung kaum etwas versteht: Original: "Verwundert zeigte sich heute, Freitag, Verkehrsstaatssekretär Mag. Helmut Kukacka über die vom Rechnungshof geäußerte Kritik an der ÖBB-Reform". "Kritik an Reformentwurf nicht nachvollziehbar"

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2b) PRESSE gibt Vorbereitung auf Bahnprivatisierung zu

Selbst die "Presse", das Leibblatt der Regierung gab übrigens zu (4.Nov.03): "Die Regierung Schüssel II ist die erste, die...einen echten Machtkampf mit der Eisenbahnergewerkschaft sucht, und sie setzt dabei gleich auf volle Konfrontation".

Es "kann ein sinnvolles Konzept sein, Teilbereiche der Bahn effizienter zu führen. Es kann auch eine Vorbereitung darauf sein, Teile der Bahn - etwa den Güterverkehr [der ist gewinnbringend, logo J B] - auf einen Verkauf vorzubereiten."

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Abverkauf beim Bus beginnt

Fest im Scheuklappendogma der Privatisierung verharrend leitete der Postbus am Mittwoch nun den Ausverkauf von einem Drittel der (früheren) Postbusse ein. Der Gewerkschaft bleibt auch hier nichts mehr über als sich dagegen zu wehren.

2 Attachments: Fakten zur ÖBB + Eisenbahnergewerkschaft zum neuen Dienstrecht

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4) Kaplan Franz Sieder: Werden die Weichen bei der ÖBB richtig gestellt?

Wenn die Weichen am Bahnhof falsch gestellt werden, dann kann` es zu einer furchtbaren Katastrophe kommen. Auch wenn bei der, sogenannten ÖBB-Reform die Weichen falsch gestellt werden, kann für Mensch und Gesellschaft ein gewaltiger Schaden entstehen.

Ich war durch viele Jahre Auslandsseelsorger -in England. Ich habe damals die sogenannte Reform der Frau Margret Thatcher miterlebt. Sie hat mit ihrer Politik auch die Weichen in Richtung Privatisierung der Bahn gestellt. Die Folge war, dass die Bahn ungeheuer teuer geworden ist, weil die Privatbetreiber ja Gewinne machen möchten. Es hat in dieser Zeit in England auch viele Zugkatastrophen mit Hunderten von Toten gegeben. Für die Sicherheit wurde seit der Privatisierung nicht mehr viel getan, denn das hätte Geld gekostet. Die englische Bahn ist durch die Privatisierung in eine Katastrophe geschlittert. Heute versucht der englische Staat, die Bahn wieder von den Privaten zurückzukaufen.

Bedeutung der Bahn

Die Bahn ist etwas anderes als irgendein anderer Betrieb. Die Bahn ist wahrscheinlich das wichtigste Instrument für die Infrastruktur eines Landes. Die Wirtschaft braucht die Bahn dringend und es wird sich kaum ein größerer Betrieb in einem Ort ansiedeln, in dem es keine Bahn gibt. Heute ist auch die Gesellschaft sehr mobil geworden. Hunderttausende Menschen fahren täglich mit der Bahn zu ihrem Arbeitsplatz oder in die Schule. Für die Wichtigkeit der Bahn ist auch noch der ökologische Aspekt zu nennen. Der Transport mit der Bahn ist wesentlich umweltfreundlicher als der Transport mit dem Auto oder Flugzeug.

Dienst am Volk

Es ist meine tiefe Überzeugung, dass alles, was Dienst am gesamten Volk ist, nicht privatisiert werden darf. Alles, was Dienst am gesamten Volk ist, hat auch ein Recht auf ein Defizit. Die private Wirtschaft ist immer nur auf Gewinne aus und eine solche Intention führt bei der Bahn zur Katastrophe. Ich bin aber nicht gegen jegliche Reform bei der Bahn. Ich glaube sogar, dass eine Reform notwendig ist. Die Weichen bei einer Bahnreform sollten vor allem in Richtung europäische Bahn gestellt werden. Die Grenzen sind in Europa gefallen. Es kann keinen Sinn machen, dass in manchen europäischen Ländern die Lokomotiven an den Grenzen ausgetauscht werden.

Skeptisch bin ich gegenüber dem ständigen Schneller-Werden bei der Bahn. Das kommt aus dem falschen Zeittrend, der glaubt, dass wir ein Mehr an Lebensqualität haben, wenn alles schneller wird. Es ist eine Vergötzung der Zeit und letztlich auch ein hochkapitalistischer Trend, weil Zeit Geld ist.

Ich bin auch dagegen, dass man den Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern alle ihre sogenannten "Privilegien" wegnehmen will. Es sind auch nicht alles wirkliche Privilegien. Die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner haben prozentuell immer mehr in die Pensionskassa eingezahlt als andere. Die meisten EisenbahnerInnen haben keine normalen Arbeitsbedingungen. Für viele von ihnen ist es selbstverständlich, dass sie auch in der Nacht arbeiten müssen. Alles, was die Arbeiterinnen und Arbeiter an sozialen Errungenschaften haben, das haben sie sich mühsam erkämpft. Was sich aber ein Arbeiter oder eine Arbeiterin an mehr Menschlichkeit erkämpft hat, das soll er oder sie nicht mehr zurückgeben.

Gute Arbeit statt Stellenabbau

Warum in der Bevölkerung oft ein Trend gegen die EisenbahnerInnen spürbar ist, das ist meiner Ansicht größtenteils Neid. Was hat die Gesellschaft wirklich davon, wenn die EisenbahnerInnen erst mit 65 Jahren in Pension gehen. Es kann sogar eine Gefährdung der Gesellschaft sein, wenn ein 64jähriger Lokführer noch Dienst machen muss. Wenn die EisenbahnerInnen bis 65 Jahre arbeiten müssen, dann werden dadurch auch noch mehr Arbeitslose in unserer Gesellschaft produziert, für die dann die Allgemeinheit sorgen muss.

Dass in Österreich 12.000 EisenbahnerInnen abgebaut werden sollen, das kommt aus einem privatwirtschaftlichen Denken. In einem Artikel im Blatt der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft war folgendes zu lesen:

"Der wirklich dynamische Unternehmer reagiert auf die typisch unternehmerische und zugleich fortschrittliche Art - er rationalisiert und automatisiert die Produktion so stark, dass er eine gleichbleibende Produktionsmenge mit verringerter Beschäftigungszahl erreichen kann. So macht er trotz Stagnation und Lohnerhöhungen weiter Gewinne - möglicherweise sogar mehr als zuvor.

In der Bundesrepublik Deutschland und in den USA arbeiten viele nach diesem Rezept. Daher breitet sich dort am stärksten Arbeitslosigkeit aus. Doch das darf nicht die Sorge des einzelnen Unternehmers sein. Er muss sich um seinen Gewinn kümmern."

Wenn bei der Eisenbahn Arbeiterinnen und Arbeiter abgebaut werden, dann übernehmen normalerweise nicht Maschinen die Arbeit der EisenbahnerInnen. Die Folge eines solchen Abbaus kann nur sein, dass entweder das Service schlechter oder dass die verbleibenden ArbeiterInnen die Arbeit der Abgebauten übernehmen müssen. Der Arbeitsdruck wird natürlich um ein vielfaches erhöht. Die Katholische ArbeitnehmerInnen-Bewegung fordert "Gute Arbeit", das heißt menschenwürdige Arbeit.

Ich möchte, dass die 12.000 Beschäftigten bei der Eisenbahn nicht abgebaut werden und dass alle EisenbahnerInnen menschenwürdig arbeiten können und eine Freude an ihrer Arbeit finden können. Das Geld, um das Defizit der Eisenbahn bezahlen zu können, muss da sein. Unsere Gesellschaft wird immer reicher - auch deshalb, weil wir durch unsere Bahn eine gute Infrastruktur haben.

Die wirklichen Privilegien

Wenn das Geld nicht da sein sollte, dann soll sich die Regierung das Geld von denen holen, die netto mehr Euro 3.700,-- im Monat verdienen und von denen, die über ein ungeheures Privatvermögen verfügen.

In Österreich sind 580 Milliarden Euro an Privatvermögen vorhanden. Ich wünsche mir von der Regierung eine Reform, wo die Kluft zwischen Arm und Reich verkleinert wird. Ich wünsche mir nicht eine Politik für die Reichen, sondern wo in besonderer Weise die Armen und Schwachen in Betracht gezogen werden. Eine solche Politik wäre im Sinn des Evangeliums. Bei der momentanen Regierung ist nicht erkennbar, dass die Weichen in diese Richtung gestellt sind.

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5) 2. Europaeische Sozialforum in Paris

Von 12.bis 16.11.2003 findet in Frankreich ein ziemlich einmaliges Ereignis statt. Das 2. Europaeische Sozialforum findet an 4 Veranstaltungsorten in und rund um Paris statt. Zehntausende VertreterInnen eines alternativen Europas und AktivistInnen aus sozialen und ökologischen Bewegungen treffen sich zum Meinungsaustausch. Insgesamt sind 55 Grossveranstaltungen neben unzaehligen Seminaren und Workshops geplant War in Florenz die Kriegsproblematik fokussiert, so wird heuer die SOZIALE FRAGE im Zentrum stehen. Am 12.11.2003 gibt's eine Frauen-Konferenz, am 16.11.2003 ein Plenum der Sozialen Bewegungen Eine grosse Abschlussdemonstration ist geplant.

Plätze in den Bussen nach Paris sind noch frei!!!

Das Programm gruppiert sich um fünf Achsen:

Im November 2002 fand in Florenz das erste Europaeische Sozialforum (ESF) statt. Aus Oesterreich reisten 500 TeilnehmerInnen - viele, viele in Projekten organisierte Menschen, OeGB-AktivistInnen, VertreterInnen von ATTAC u.a. NGO's bis zu Mitglieder der SJ und der KPOe -gemeinsam mit einem Sonderzug nach Florenz.

Die Plenarveranstaltungen des 2. Europ. Sozialforums sind online unter
http://www.fse-esf.org/validation/plenieres.php
die Seminare unter
http://www.fse-esf.org/validation/seminaires.php
einzusehen
Weitere Infos unter: http://www.fse-esf.org und

http://www.socialforum.at/


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Letzte Änderung: 2003-11-11 - Stichwort - Sitemap