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Festschrift für einen großen...


Festschrift für einen großen Purkersdorfer:
Gottfried Mayer

Gottfried Mayer wurde als Sektionschef für Konsumentenschutz vor noch
nicht langer Zeit gegen seinen Willen vorzeitig pensioniert, wobei ihm
mangelnde Qualifikation sicher von niemanden vorgeworfen werden kann.
Es bewahrheitete sich ein Satz von Voltaire: “Es ist gefährlich, Recht
zu haben, wenn die Regierung unrecht hat.“ So der Festredner und
weiter: „Während in anderen Ministerien die meisten Beamten das taten,
was vor ihnen ihre Vorgänger getan hatten, und die Grenzen des eigenen
Ressorts die Grenzen der Welt waren, hast Du, lieber Gottfried, die
Welt geöffnet.“

Als ich diese Rede anlässlich eines Festaktes für Gottfried Mayer
durch Herrn Dr. Lehofer, Richter des Verwaltungsgerichtshofs, las,
packte mich ein (heiliger) Zorn. Um Justizminister
zu werden, reicht offenbar Freundschaft mit schwarz-blauen Größen und
Vertrautheit mit der Verwaltung von Kanal und Wasser. Dr. Mayer war
als Sektionschef offenbar überqualifiziert.

Gottfried Mayer ist kein Revolutionär, aber er hat Standpunkte. Er war
(ist) für Konsens, aber arrangierte sich nicht ohne Rückgrat wie
andere mit neuen Mächtigen.

Gottfried Mayer macht Kleinarbeit für den kleinen Mann (für die kleine
Frau), ohne dies groß an die Glocke zu hängen. Das Sympathische daran
ist, dass sein Streben ist, durch Änderung der Gesetze mehr Gleichheit
bzw. gleichen Zugang zum Recht zu erreichen. In wohltuendem Kontrast
zu manchen, die sich als „Anwalt des kleinen Mannes“ ausgeben, und zu
denen man um Recht bitten kommen soll, und denen gefällt, wenn sie
meinen ein bisschen über Gut und Böse mitentscheiden zu können.

Gottfried Mayer hat sich in vielen Bereichen sehr engagiert. Einige
Dinge wären wahrscheinlich ohne ihn nicht verbessert worden. So z. B.
die Kundenrechte bei den Banken und Versicherungsgeschäften, der
Schutz Jugendlicher bei Bankgeschäften, die Verbesserung der
Produkthaftung oder die Einführung des Privatkonkurses. Das alles war
juristische, administrative und letztlich auch politische Kleinarbeit,
ist aber umso nachhaltiger für breite Kreise der Bevölkerung wirksam.
Es gilt dafür das Wort von Bert Brecht, wonach Gesetze „keinen anderen
Nutzen (haben sollen), als das Zusammenleben der Menschen angenehm zu
machen“.

Gottfried Mayer weist eine lange Liste von veröffentlichten Artikeln
und auch Bücher auf, darunter auch etwa ein Buch wie „Österreich als
katholische Großmacht“ aus dem Jahre 1989. Meist waren es fachlich
orientierte Arbeiten im Bereich Konsumentenschutz.
Die vorliegende Festschrift umfasst ebenfalls hauptsächlich fachlich
orientierte Artikel zum Konsumentenschutz im weiteren Sinn und ist
eher für Fachleute besonders interessant. Doch allein die Rede zur
Ehre des Gottfried Mayer ist schon absolut lesenswert.

Ein Zitat aus der Festrede: „Kraft, Ausdauer, Leidenschaft und
Augenmaß hast Du – als Beamter – bewiesen; derjenige aber, dessen
Beruf die Politik ist, Bundesminister Dr. Böhmdorfer, ließ Dir
gegenüber offenbar dieses Augenmaß vermissen.“

Gerade in den letzten Tagen werden fast täglich groteske Fälle
bekannt, dass die schwarz-blaue Regierung rüstige Fünfziger und auch
Vierziger in Frühpension schickt, nur weil sie dem Machtstreben meist
weniger qualifizierter Leute im Wege stehen. Beim Purkersdorfer
Gottfried Mayer, der als einer der sicher unbestritten kompetentesten
Beamten Österreichs dem inzwischen auch entschwundenen Justizminister
und Haider-Vertrauten im Weg war, kommt dazu, dass ihn die
Vorgangsweise sichtlich persönlich tief getroffen hat.

Das zusätzlich Skandalöse daran ist, dass diese Machtspiele von
Schwarz-Blau auf Steuergelderkosten betrieben werden und gleichzeitig
sich die Regierung hinstellt, und allgemein die Anhebung des
Pensionsalters verlangt.
Gottfried Mayer zeichnet ein durchgehender Humor aus, und es ist ihm
zu wünschen, dass der Witz die Taten von Hump und Dump kompensiert.

Nicht erwähnt wird im Buch die Tätigkeit von Gottfried Mayer in
Purkersdorf. Immerhin war er in den 80er Jahren Stadtrat und später
Leiter des Volkshochschulwesens. Dass er mit dem Aufstieg Schlögls als
Bürgermeister aus der Gemeindepolitik ausschied, ist ein absoluter
Verlust für Purkersdorf.

Er ist auch bei kontroversen Diskussionen absolut ein angenehmer
Mensch, und auch klare Diskussionen mit ihm bei unterschiedlichen
Standpunkten sind in jedem Fall ein Gewinn.

Glückliches Purkersdorf, dass du solche Menschen hast.
Unglückliches Purkersdorf, dass es dir nicht mehr gelingt, solche
Menschen auch direkter in Purkersdorf einzubeziehen.

- Konsumentenpolitik im Spannungsfeld von Liberalisierung und
sozialer Verantwortung, Herausgeber: Reiffenstein u. a.,
Festschrift für Gottfried Mayer,2002, Neuer Wissenschaftlicher Verlag
Recht

J. Baum

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Lebenslauf: Dr. Gottfried Mayer

Geboren 1947 in Wien. Nach der Matura Studium der Geschichte,
Germanistik und Psychologie, später der Rechtswissenschaften in Wien
und Louvain (Belgien) mit wiederkehrenden Studienaufenthalten in
Frankreich. Promotion zum Dr. phil. 1980. Gleichzeitig Ausbildung in
der Arbeitsgemeinschaft für Sozialpsychologie und Gruppendynamik in
der Sparte „Kooperation und Team“.

Seit 1974 in der Erwachsenenbildung als wissenschaftlicher Assistent
bei Univ. Prof. Dr. Karl Stadler am Dr.- Karl- Renner- Institut tätig.

Ab 1981 in der Abteilung „Preis- und Konsumentenpolitik“ im
Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie. 1986 von
Bundesministerin Fröhlich- Sandner zum Leiter einer
konsumentenpolitischen Abteilung des Bundesministeriums für Familie,
Jugend und Konsumentenschutzes ernannt. 1990 von Bundesministerin Dr.
M. Flemming zum Leiter der Gruppe „Konsumentenschutz“ im
Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie bestellt. Seit der
Eingliederung in die Kompetenz des Bundesministeriums für Justiz
Sektionschef der Sektion „Konsumentenschutz“ bis zur Umstrukturierung
im Herbst 2002.

Verfasser zahlreicher wissenschaftlicher Beiträge zum Thema
Konsumentenschutz und Konsumentenpolitik in in- und ausländischen
Fachzeitschriften und Büchern. Gemeinsam mit Heinz Kosesnik- Wehrle
und Hans Peter Lehofer Verfasser des Kommentars zum
Konsumentenschutzgesetz bei Manz und Koautor der vierbändigen
Konsumentenrecht- Entscheidungssammlung; seit 1986 Herausgeber des
konsumentenpolitischen Jahrbuchs im Verlag Österreich.

2004-07-30


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