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[ Übersicht ]
Zur nachhaltigen Entwicklung im Wienerwaldvon Josef BaumEine Kurzfassung mehrerer Arbeiten des Autors Die soziale Realität ist immer vielfältiger als selbst das beste Konzept. Die Zukunft ist fast immer anders als gedacht. Ein Konzept kann sinnvollerweise nur einen Rahmenvorschlag abgeben. Wichtig sind die Akteure, die selbständig handeln. Wichtig sind der Prozess und die Richtung. Es soll daher ein Horizont abgesteckt werden, und zwar der weitere Horizont in der Zukunft. Es soll in diesem Sinn über tagespolitische Notwendigkeiten hinaus richtungsweisend sein. Es soll aber auch erste Schritte angeben - auch lange Reisen beginnen mit den ersten Schritten. Der Schlüsselbereich ist die Umstellung auf erneuerbare Energiequellen und Energieeffizienz. Ein funktionierendes öffentliches Verkehrssystem soll die Mobilität verbessern. Die Förderung von Reparaturbetrieben stabilisiert Arbeitsplätze im lokalen Gewerbe. Die flächendeckende biologische Landwirtschaft und eine nachhaltige Forstwirtschaft bewahren die Landschaft in ihrer Vielfalt. Pionierprojekte sollen neue Wege austesten. Die gewonnenen Erfahrungen sollen dann systematisch umgesetzt werden, die Projekte untereinander vernetzt werden. Der zu bildende Regionalrat soll über entsprechende Informationen, Bildungsmaßnahmen, eine intensive Betreuung, Förderungen und ein ökologisches Beschaffungswesen diese Entwicklung in Richtung Nachhaltigkeit steuern. Die Orientierung auf eine nachhaltige Entwicklung bedeutet nicht die Abkoppelung, sondern die intelligente Einbindung in den wirtschaftlichen Austausch und die Kommunikation. Wesentliche Teilbereiche für die Nachhaltige Entwicklung sind:
Gleichlautende Begriffe für Nachhaltigkeit sind „Zukunftsfähigkeit“
oder „Dauerhaftigkeit“. Ausgehend von der Entwicklungsanalyse wird hier das Leitbild einer
nachhaltigen Entwicklung als „Ökoregion“ vorgeschlagen. Der
Ausdruck „Ökoregion“ wird hier gleichbedeutend wie „Region mit
nachhaltiger Entwicklung“ verstanden und ist gekennzeichnet durch
Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft.
Umweltverträgliches Wirtschaften heißt vor allem standort-, energie- und materialangepaßt. Ökologisch ist langzeitökonomisch. Kreislaufwirtschaft bedeutet vor allem intelligente Mehrfach- und Immerwiedernutzung. Das Konzept der Nachhaltigkeit (Sustainability) Im Brundtlandbericht 1987 wurde Nachhaltigkeit nach dem Prinzip der Gerechtigkeit zwischen den Generationen folgendermaßen definiert: „Dauerhafte Entwicklung, ... die den Bedürfnissen in der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen.“ Da derzeit individuell durchaus rationale Handlungsstrategien durch Rahmenbedingungen, die auf immer kurzfristigeren Erfolg orientiert sind, zu oft unvernünftigen Entwicklungen führen, geht es um die Änderungen dieser Rahmenbedingungen für das (wirtschaftliche) Handeln im Sinne langfristiger Sicherung und Verbesserung der Lebensbedingungen. So ist Ökologie gleich (Langzeit)Ökonomie. Im Kern geht es darum, dass die Wohlstandsvermehrung nicht auf Kosten der längerfristigen Lebensgrundlagen zunimmt, d.h. die Perspektive ist ein grundsätzlich neuer Typus der Entwicklung der Wirtschaft. Dabei geht es vor allem auch darum, einen Entwicklungspfad einzuschlagen, den in Zukunft auch Entwicklungsländer verfolgen können. Derzeit würden globale Ökosysteme wahrscheinlich kippen, wenn unsere Wirtschaftsweise mit dem Wohlstandsniveau der Industrieländer und dem dazugehörigen Energie- und Ressourcenverbrauch bzw. Emissionsniveau auf die ganze Welt ausgedehnt würde. Da aber jedenfalls ein entsprechender Wohlstand auch moralisch den Entwicklungsländern vorenthalten werden kann, ist unsere Produktionsweise grundlegend zu ändern, die von den Entwicklungsländern in der Regel zum Vorbild genommen wird. Beim Nachhaltigkeitsdenken sind daher das global vagabundierende Finanzkapital, die Abhängigkeit des Südens von den internationalen Finanzinstitutionen, global unterbezahlte Frauenarbeit, Kinderausbeutung und die Rolle der transnationalen Konzerne wichtige Themen. Globale Gerechtigkeit und globale Verteilung wird konkretisiert. Der Begriff „Nachhaltigkeit“ verbindet etwa die Umweltbewegung mit der Dritte-Welt-Bewegung; er verknüpft die Arbeit von Anti-Atom- Gruppen mit sozialen Initiativen. Er fördert das Wissen um die Zusammenhänge der verschiedenen weltweiten Probleme, er fördert das vernetzte Denken“. Das Nachhaltigkeitsdenken verbindet verschiedene Zeithorizonte. Der Begriff „Nachhaltigkeit“ kann also auf sehr umfassende Weise den Grundwert „Gerechtigkeit in Raum und Zeit“ (für alle Menschen und für zukünftige Generationen) transportieren. Charakteristika in einer nachhaltigen Wirtschaft
Als Indikatoren zur Bewertung nachhaltiger Entwicklung bieten sich an: Die Materialintensität pro erstellte Serviceeinheit (MIPS), die Flächenintensität pro erstellter Serviceeinheit (FIPS). Dabei werden sämtliche verbrauchten Massen bzw. gebrauchte Flächen, die notwendig sind, um ein Produkt für eine bestimmte Dienstleistung herzustellen, berechnet. Analysen können Produktlinien oder die stoffliche Gesamtbilanz einer Region untersuchen. Eine Ergänzung des Nettoregionalprodukt um ökologische Faktoren könnten grundsätzliche Aussagen über die nachhaltigkeit der Wirtschaft einer Region getroffen werden. Modellhafte Techniken einer nachhaltigen Regionalentwicklung
Zu den „Faustregeln“ der Nachhaltigkeit gehören das Wiederverwenden statt Entsorgen; die Vielfalt statt Monokultur; das in die Natur einpassen statt versichern; die Nutzung nachwachsenden statt fossiler Energien; der netzwerkartige Aufbau (dezentrale Strukturen); das Nutzen und Teilen statt Besitzen; die Bereitstellung von Leistungen (z. B. Mobilität oder Wärme) nicht von Waren (wie Autos oder Strom). Produkteigenschaften in einer nachhaltigen Wirtschaft: Nachhaltige Produkte zeichnen sich durch ihre Reparierbarkeit, Langlebigkeit, Zerlegbarkeit, minimale Umweltbelastungen (Emissionen) im Verbrauch und ihre Multifunktionalität aus. Der Hersteller hat für den ganzen Lebenszyklus Verantwortung übernommen. Risikobeurteilungen: Neben der Verminderung der Stoffströme (von der Naturentnahme bis zum „Abfall“) ist die Risikobeurteilung sämtlicher verwendeten Stoffe, Prozesse und Produkte notwendig: Dazu gehören unmittelbare und langfristige Effekte durch die Einwirkung einer Substanz, Wirkungen auf Grund sich im menschlichen Körper anreichender Stoffe, Unfallgefahren, Arbeitsplatzgesundheit, Gefahr für Böden, Wasser, Flora und Fauna, der Beitrag zum Treibhauseffekt und zum Abbau der Ozonschicht, usw. Wegen des hohen Risikopotentials sind die Produktionszweige Atomkraftwerke, Gentechnik in der Landwirtschaft, Chlorchemie und der Militärsektor mit einer nachhaltigen Wirtschaft nicht vereinbar. Nachhaltigkeit ist eng mit Regionalisierung verbunden. Die enge Verbindung von „Nachhaltigkeit“ zur verstärkten Rolle der Regionalisierung des Wirtschaftsgeschehens und der Umstrukturierung wird durch folgende ökologisch orientierte Nachhaltigkeitsdefinition deutlicher (Steinmüller in TU-Graz, 1994):
Der Idealtypus eines solchen Entwicklungsmodelles ist noch in weiter Ferne, schon bei Schritten in diese Richtung entstehen folgende Phänomene: Wenn eine Region auf dem Weg der Nachhaltigkeit voraus ist, ist es mit einem „verzerrten Preissystem“ konfrontiert, das etwa durch zu niedrige Preise wie für fossile Rohstoffe die wahren Kosten nicht widerspiegelt. Daher sind Ausgleichszahlungen notwendig. Diese geänderten Strukturen bringen neue Gegebenheiten für Verkehr und Transportaufwand und daher werden sich Nahversorgung bzw. Handel allgemein verändern. Umgekehrt werden noch nicht nachhaltig hergestellte Produkte in die Region „importiert“, d. h. es wird zwar nachhaltig produziert, aber es werden Güter von außen, die nicht nachhaltig produziert worden sind, konsumiert. Diese Phase wird „nachhaltig produzierende Region“ genannt. Die Stufe davor ist die Region als „Netzwerk-Wirtschaft“. Der Übergang zur Nachhaltigkeit im eigentlichen Sinn, nämlich dass auch auf der Nachfrageseite nur mehr nachhaltig produzierte Produkte konsumiert werden, ist ohne Änderung der Rahmenbedingungen zumindest im europäischen Maßstab nur schwer möglich. Phasen des Übergangs zur Nachhaltigkeit
Nachhaltige Regionalentwicklung ist auch unter negativen Rahmenbedingungen möglich! Die gefühlsmäßige Betroffenheit von globalen Tendenzen ist in der unmittelbaren Lebenswelt größer (Konsequenzen des positiven und negativen eigenen Handeln). Veränderungen durch eigenes Engagement werden direkter erlebt. Systemumstellungen sind eher
bei großen Problemdruck möglich und
nicht dort, wo alles "regelmäßig" dahinläuft. Schwache werden stark durch Bündelung ihrer (lokalen) Stärken, Strategien sind darauf aufzubauen, dafür ist Organisation unumgänglich. Schwache können auch durch Nutzung ihrer Wendigkeit und Schnelligkeit (David/Goliath) stark werden. Durch schnelle Strukturänderungen in die richtige Richtung wird die internationale Wettbewerbsfähigkeit nicht vermindert, sondern erhöht. Höhere Standards regen die richtige Strukturänderung an, die früher oder später auch andere (Regionen) vollziehen müssen, dadurch haben Vorreiter die Nase vorn (Analoges Beispiel: Die österreichische Hartwährungspolitik hat insgesamt durch die Herausforderung auf der Kostenseite zu einem verstärkten Investitionsprozeß, zu höherer Produktivität und damit zu einem Aufholen geführt). Schwache werden stark durch Zusammenarbeit: regional und weltweit. Durch weltweite Kooperation und Vernetzung von Randgebieten, regionalpolitischen Initiativen, Arbeitnehmervertretungen, Kleinunternehmerverbänden usw. kann ein Gegengewicht zu den Global Players aufgebaut werden. Denn auch multinationale Konzerne sind so durchaus druckempfindlich: Multinationale Konzerne sind zwecks Produktivität auf ein günstiges globales Betriebsklima und zwecks Absatz auf ein günstiges Image angewiesen. Der Großteil der Multis ist auf ihr Stammland orientiert und dort politisch direkt regulierungssensibel. Gerade die Entwicklung zu neuen Technologien und Organisationsweisen der Arbeit jenseits des Fließbands ("Postfordismus") braucht die Einbeziehung und Mitbestimmung der Beschäftigten. Daher werden tendenziell nicht wenige Kapitalvertreter, sondern letztlich alle Menschen bei Entscheidungen wichtig sein. Daher ist es durchaus realistisch, durch globale Kooperation die dem Sozial- und Umweltdumping genau entgegengesetzte Richtung der Orientierung auf die höchsten Standards durch eine "Angleichung an oben" zu verwirklichen. Allgemein ist die Strategie der "selektiven Abkopplung" möglich. Dadurch können relative "Inseln der Nachhaltigkeit" entstehen. Diese sind im Prinzip in wesentlichen weltmarktintegriert, aber in gewissen Bereichen von den zerstörenden Wirkungen des derzeitigen Weltmarktes geschützt. Dieses Modell ist nicht etwa an Nordkorea oder an das frühere Albanien orientiert sondern analog den asiatischen Tigerstaaten. Diese holten innerhalb kurzer Zeit eine Entwicklung nach, indem sie gewisse Sektoren vorübergehend vor dem Weltmarkt schützten und sich andererseits in den Weltmarkt integrierten. Voraussetzung für eine solche Strategie sind akzentuierte politische Interpretationen von GATT, WTO und EU. Ein aktuell in Österreich diskutiertes Beispiel ist das Importverbot für gentechnisch manipulierte Organismen im Bereich der Landwirtschaft. Wesentliche hilfreiche Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Regionalentwicklung sind eine ökologisch-soziale Steuerreform, eine Spekulationssteuer und die Umstellung der Bruttonational- und Bruttoregionalrechnung auf Kostenwahrheit (das Wachstum soll durch ein Öko-BIP berechnet werden). Nachhaltige Regionalpolitik im Verhältnis zu bisherigen Strategien der Regionalpolitik Die Regionalpolitik mit Orientierung auf eine nachhaltige Entwicklung hat in bezug auf bisherige Modelle der Regionalpolitik eine große Deckungsgleichheit mit der Orientierung der Mobilisierung des „endogenen“ Potentials bzw. der eigenständigen Regionalentwicklung, da die Prinzipien der Nachhaltigkeit unbedingt wesentlich eine „Erneuerung von unten“ beinhalten („Bottom up“); d.h. für regionale Nachhaltigkeit ist zwar möglichst auch einen entsprechenden nationaler und globalen Rahmen wichtig, ohne dezentrale Initiative ist sie aber prinzipiell nicht möglich. Regionale Nachhaltigkeit hat auch einen umfassenderen Neuerungscharakter als die „Innovationsorientierte Regionalpolitik“. Nichts gemeinsam hat sie mit „passiver Sanierung“ oder der ausschließlichen Strategie der „Neuansiedlung von multinationalen Konzernen“. Ansätze zur Implementierung von regionalen Strategien der Nachhaltigkeit wurden bisher u.a. für folgende Regionen entworfen: Wuppertal, Südschwarzwald, nördliches Erzgebirge, Berner Oberland Ost, Vancouver; Feldbach, Güssing, Graz, Waldviertel (ÖIR 1994). Die Prinzipien der nachhaltigen Regionalentwicklung, z. B. geschlossene Kreisläufe, treffen sich mit bekannten Forderungen der eigenständigen Regionalentwicklung, z.B. Erhöhung der regionalen Wertschöpfung zum Ausgleich der sich verschlechternden terms of trade (Verhältnis der Importpreise zu den Exportpreisen) einer Region; d.h. konkret etwa Hackschnitzelanlagen mit sauberer Verbrennung zur Verwertung eigener Ressourcen und zum Aufbau von Arbeitsplätzen. Für den Weg zur regionalen Nachhaltigkeit gibt es keine Patentrezepte, es ist jeweils der der Region angepasste Weg zu gehen, und es gibt dabei verschiedene Varianten. Das große Ziel der Nachhaltigkeit ist nur in längerer Frist tatsächlich zu erreichen. Auf Dauer wäre ein großes Gefälle der Nachhaltigkeit zu anderen Regionen nur bei großen Förderungen bzw. bei großem Bewußtsseinsgrad der Bevölkerung möglich. Konkret bedeutet die Strategie der regionalen Nachhaltigkeit, dass eine Region einen oder mehrere Schritte in vielen Bereich voraus ist und insbesondere, das zunächst Pilotprojekte durchgeführt werden, dass etwa freiwillig Grenzwerte wesentlich übertroffen werden, und dass immer wieder neue Kräfte und Initiativen geweckt werden. Global denken - Lokal handeln Es spricht sehr viel dafür, daß die Strategie der Nachhaltigkeit zunächst auf regionaler Ebene umgesetzt werden kann, da grundlegende Änderungen in der Produktions- und auch Konsumstruktur nur bei entsprechender Motivation der Bevölkerung politisch möglich erscheinen: Einerseits werden kurz- und längerfristige Probleme im Zusammenhang mit der Erhaltung der Lebensgrundlagen lokal und regional stärker wahrgenommen, dadurch entsteht subjektive Betroffenheit und Handlungsbereitschaft regional. Andererseits wird regional die Möglichkeit eher erkannt, die Entwicklung zu beeinflussen und Verantwortung dafür wahrzunehmen. Es gilt, die Kräfte des positiv Bewahrenden mit den Kräften der Modernisierung und Veränderung in eine produktive Allianz zu bringen, vorhandene Potentiale neu zu gruppieren und nach „Versuch und Irrtum“ zügig weiter zu entwickeln, um das Leitbild Ökoregion voranzutreiben. Beispielsweise geht es bei der Pflege des Kulturraums nicht um reinen Naturschutz (d.h. die Natur sich selbst zu überlassen), sondern um eine nachhaltige Nutzung: Da die derzeitige ökologische Vielfalt und die bestehenden Gleichgewichtszustände durch menschliche Arbeit herbeigeführt wurden, kann dieses Gleichgewicht nur in der gesellschaftlich- ökologischer Wechselwirkung gesichert werden. Die Fortsetzung der Abwanderung durch den Strukturwandel der Landwirtschaft würde etwa weiter wie bisher zur Verarmung der Kulturlandschaft führen. Der Schutz der ökologischen Potentiale und der darauf aufbauenden Kenntnisse ist nur durch die Sicherung ausreichender Beschäftigungsmöglichkeiten und entsprechender Lebensqualität (in diesem Fall für die LandwirtInnen) zu erreichen. Der notwendige ökologische Umbau kann nur durch Unterstützung der Bevölkerung partizipativ erfolgen und kann nur erreicht werden, wenn er sozial gerecht, d.h. ohne einseitige Belastungen vor sich geht. Je nach unterschiedlichen Schichten der Bevölkerung sind auch hinsichtlich einer Öko-Region sehr unterschiedliche Interessenlagen vorhanden. Genauer zu bewerten wäre, welche speziellen Interessenlagen auf der Ebene der Verwaltung, der einzelnen sozialen Schichten, Altersgruppen, Geschlechter usw. konkret welche Verhaltensweisen bewirken und welche Hemmnisse dadurch sichtbar werden. Wahrnehmung und Bewußtsein von langfristigen, negativen Umwelttrends sind beschränkt, kurzfristiger positiver Nutzen von Maßnahmen im Sinne der Nachhaltigkeit sollte daher herausgearbeitet werden. Es gilt, diejenigen Bereiche und Maßnahmen zu identifizieren, die in nächster Zeit am erfolgreichsten und ohne größere Widerstände umzustellen sind, und bei denen der Nutzen für die Region möglichst groß ist. Nachhaltigkeit als gesellschaftliche Frage Die Suche nach den Impulsen, Kräften und Trägern für einen ökologisch-sozialen Wandel und die Förderung solcher Antriebe sind entscheidende strategische Fragen beim Einschwenken auf einen nachhaltigen Weg. Nachhaltigkeitsentwicklungen sind vor allem gesellschaftliche Fragen. Das widersprüchliche Verhalten zwischen Erkennen von Trends, langfristigen Interessen und eigenem Handeln durchzieht alle Bevölkerungsschichten. Dafür gibt es zunächst ein Bündel von Ursachen: Verlustängste, Ohnmachtsgefühle, Unkenntnis, aber auch Bequemlichkeit. Am Pfad der Nachhaltigkeit kann der Verteilungsfrage nicht ausgewichen werden. Im Gegenteil: Durch Erschöpfung der bisherigen Entwicklung werden auch die bisherigen Entscheidungs- und Verteilungsverhältnisse problematisiert und verändert werden. Neue Entwicklungen werden nur Platz greifen, wenn schöpferische Kräfte durch Mitbestimmung und Motivation auf breiterer Basis freigesetzt werden. Ein neuer Entwicklungspfad fordert auch neue Entscheidungsverhältnisse, auch über die Ergebnisse der Arbeit. Ein erster Schritt ist mehr Transparenz und Machtkontrolle (in Gemeinden und Betrieben, für Vereine, Bürgerversammlungen und - initiativen). Dadurch kann ein Demokratisierungsschub ausgelöst werden: Mehr Mitverantwortungen und Mitbestimmung bei der Arbeit, Ausbau der Wirtschaftsdemokratie, Mitsprache demokratisch gewählter VertreterInnen jedenfalls bei geförderten Investitionen, regionale Beschäftigungs- und Sozialpakte, Unternehmens-neugründungen auch auf Selbstverwaltungs- und Genossenschaftsbasis. Die Rolle der öffentlichen Hand Die Rolle der öffentlichen Hand bei der Strategie der nachhaltigen Regionalentwicklung ist in zweifacher Hinsicht von großer Bedeutung:
Diejenigen Wirtschaftszweige, die sich v.a. auf regionale Potentiale stützen, sind eher geeignet, sich in die nachhaltige Entwicklung einzuklinken. Die Raumbezogenheit ist bei der Land- und Forstwirtschaft am größten, bei weltmarktbezogenen Exporteuren in der Regel gering. Diese können insgesamt erst in diesen Prozeß einbezogen werden, wenn staatlich und global günstigere Rahmenbedingungen herrschen, die Region ist damit bis auf weiteres überfordert. In den ersten Phasen des Übergangs zu einem Pfad der nachhaltigen Entwicklung wird es etliche Bereiche geben, die nicht oder nur zum Teil entsprechende Kriterien erfüllen.
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