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Rechtsstudie bezüglich Waldverkäufen der ÖBf AG

Vorarbeit für eine Rechtsstudie im Zusammenhang mit der Gefahr eines Ausverkaufs des Wienerwaldes
für die Stadt Wien erstattet vom
Österreichischen Naturschutzbund Wien (Univ.-Doz. Mag. Dr. Martin Kind)

Einleitung

Die Bundesregierung hat im Jahr 2000 mit den Österreichischen Bundesforsten die Veräußerung von Waldflächen vereinbart. Geplant war damals der Verkauf von 50.000 Hektar, also etwa ein Zehntel der von den Bundesforsten verwalteten Fläche für rund 218 Millionen Euro. Mittlerweile stellte sich heraus, dass der Waldverkauf nur schleppend vor sich geht und man weit davon entfernt ist, die geplanten Flächen auch tatsächlich zu verkaufen. Im November 2001 haben die Bundesforste die Verwaltung von elf Seen übertragen bekommen; der „Deal” schlug sich für den Bund mit rund 58 Millionen Euro budgetwirksam zu Buche. Die Mittel dafür stammen aus Waldverkäufen der Bundesforste. Im Zusammenhang mit dem davon auch betroffenen Wienerwald deutet viel auf ein Wiederaufleben einer Basisbewegung wie in den 80er Jahren hin. Die Übertragung von Seen scheint eine Umgehung der Verfassungsbestimmung, die den Ausverkauf des in Bundesbesitz befindlichen Waldes verhindern soll. Die Verfassungsbestimmung besagt, dass die Bundesforste Liegenschaften nur dann veräußern dürfen, sofern sie diesen Erlös für Ankäufe oder zur Substanzerhaltung verwenden.

Zusammenfassung

  • Die Verfassungsvorschriften des Bundesforstegesetzes sehen die Verpflichtung vor, jene Liegenschaften, die die ÖBf AG für den Bund verwaltet, im Eigentum des Bundes zu erhalten. Diese Verpflichtung darf nur in der in § 1 Abs.3 Bundesforstegesetz umschriebenen Ausnahmeregelung durchbrochen werden.
  • Kommt es nach Maßgabe dieser Regelung zu einer Veräußerung, ist der dabei erzielte Erlös ausnahmslos zum Ankauf neuer Liegenschaften oder zur sonstigen Verbesserung der Vermögenssubstanz zu verwenden. Diese in § 1 Abs.1 Satz 3 Bundesforstegesetz enthaltene Zweckbindung ist eine Verfassungsbestimmung und kann daher auch vom einfachen Bundesgesetzgeber nicht beseitigt werden.
  • Der Begriff der „Substanzerhaltung” ist unbestimmt - folglich ist unklar, wo die Grenze im Fall von Veräußerungen zu ziehen ist, also die Substanz (sprich: der Liegenschaftsbestand der ÖBf) beeinträchtigt wird.
  • Merkel konnte im Jahr 1925 durch Rechtsexpertisen und seinen persönlichen Einfluss die erkannte Gefahr einer auf Holzhandel bezogenen Kommerzialisierung des Waldes abwehren.
  • Mit Schöffel ist zwischen Nutz- und Wohlfahrtswäldern zu unterscheiden. Der Wienerwald ist ein Wohlfahrtswald, der „das Klima, die Fruchtbarkeit und die Salubrität des Landes” beeinflusst. Die Unterscheidung sollte im Zusammenhang mit der Anwendung des Substanzerhaltungsprinzips berücksichtigt werden.
  • Mit der Forstwirtschaft sind allgemeine öffentliche Interessen zur Wahrung und Sicherung des Waldes verbunden. Der Naturschutz und die Walderhaltung können als Staatsaufgaben qualifiziert werden, weil sie die Sicherung der Daseinsvorsorge bezwecken.
  • Inwieweit daher der im Eigentum der öffentlichen Hand stehende Wald durch eine gewinnorientierte Aktiengesellschaft zu „verwalten” ist, wäre - insbesondere auch aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben für die staatliche Verantwortung - näher zu untersuchen.
  • Eine endgültige Auseinandersetzung über die Aufteilung des staatlichen Vermögens - somit auch der Staatsforste - gemäß § 11 Abs.2 Überleitungsgesetz aus 1920 wäre zweckdienlich. Obwohl das derzeitige „Provisorium” unbefriedigend ist und zu den Leistungsmängeln der bestehenden bundesstaatlichen Kompetenzverteilung gezählt werden kann, sieht sich der Österreich Konvent offenbar nicht veranlasst, darüber zu beraten.
  • Mittelbar kann durch Maßnahmen nach dem Wasserrechtsgesetz, dem Forstgesetz und den Naturschutzgesetzen der Länder das Substanzerhaltungsprinzip regional im Sinn von Schöffel und Merkel gestärkt werden.
  • Die vorliegenden Vorarbeiten dienen als Grundlage für eine Rechtsstudie im Zusammenhang mit der Gefahr eines Ausverkaufs des Wienerwaldes. Eine Vertiefung der angesprochenen Rechtsfragen und -probleme durch eine solche Rechtsstudie wäre sehr erfreulich.

Österreichischer Naturschutzbund Wien, 1070 Wien, Museumsplatz 1, Stiege 13, wien@naturschutzbund.at
Gefördert durch die Kulturabteilung der Stadt Wien, Wissenschafts- und Forschungsförderung

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