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Knalleffekt um TunnelNÖN Klosterneuburg, 2002-12-17UMFAHRUNG / Die nö. Landesregierung will auf die stets geforderte Umweltverträglichkeits-Prüfung verzichten. Baubeginn jetzt gar 2003? Diese Nachricht wird wie eine Bombe einschlagen. Wie die NÖN erfuhr, wird die millionteure Umfahrung - inklusive Martinstunnel - keiner Umweltverträglichkeits-Prüfung (UVP) unterzogen. Zumindest, wenn es nach dem Willen der nö. Landesregierung geht. Sie sieht in dem Straßenprojekt keine Bedrohung für Mensch und Natur. Ein Antrag auf Erlassung der UVP liegt bereits bei der Behörde. Für die Gegner der bereits bis in Detail geplanten Umfahrung ist es eine Hiobsbotschaft. Denn sollte die Umweltprüfung tatsächlich fallen, dann steht einem raschen Baubeginn nichts mehr im Wege. Werden die erforderlichen Baubewilligungen für das Straßenprojekt dann auch noch rasch abgewickelt, könnten die Bagger sogar noch 2003 und nicht erst 2004 auffahren. Aber nur dann, wenn die Behörde auf die UVP verzichten sollte. Und Vieles deutet nun darauf hin. Vor allem ein brisanter Brief der „Abteilung Großprojekte“ (sie plant und baut die Umfahrung), der vor wenigen Tagen der Landes-Umweltbehörde sowie der Bezirkshauptmannschaft Wien Umgebung auf den Tisch geflattert ist. Darin ist folgendes nachzulesen. Zitat: „Aus der Sicht der Abteilung Großprojekte unterliegt dieses Vorhaben aufgrund der folgenden Überlegungen nicht der UVP-Pflicht. Das im Landschaftsschutzgebiet Wienerwald gelegene Tunnelportal Kierling hat einen gewissen Einfluss auf das Landschaftsbild. Von einer wesentlichen Beeinträchtigung....kann hingegen bei einem darart punktuellen Eingriff keine Rede sein. • Bezüglich Natura 2000-Gebiet Tullnerfelder Donauauen kann festgehalten werden, dass der Aubereich generell ein hohes Potential zur Entwicklung aus vegetationskundlicher Sicht hochwertiger Habitate aufweist, die jedoch in der Klosterneuburger Au vergleichsweise häufig sind. Diesem erheblichen Eingriff in den Auwaldbereich kann eine teilweise Wiederaufforstung der Aubereiche gegenüber gestellt werden. Der verlegte Durchstich kann sich im Vergleich zum Bestand mittelfristig zu einem naturräumlich höherwertigen Fließgewässerabschnitt entwickeln. • Bei den im Natura 2000-Gebiet Wienerwald Thermenregion betroffenen Flächen handelt es sich gleichsam um die äußersten Ausläufer des Schutzgebietes, die in das bebaute Gebiet hineinreichen und keine in der Vogelschutzrichtlinie angeführten Vogelarten vorkommen. Daher ist klargestellt, dass der kleinräumige Flächenverbrauch in diesem Bereich denkunmöglich gravierende Eingriffe in das Schutzgebiet zur Folge haben kann.“ Zusammenfassend, so die briefliche Stellungnahme der Straßenplaner, „kann somit von einer wesentlichen Beeinträchtigung im Simm des §3 Abs. 4. UVP-G nicht gesprochen werden. Aus der Sicht der Abteilung Großprojekte unterliegt dieses Vorhaben aus den oben angeführten Überlegungen nicht der UVP-Pflicht. ************************* NÖN Klosterneuburg, 2003-01-28 Umfahrung: Am 13. März fällt Startschuss! KNALLEFFEKT / Spatenstich für millionenteures Straßenprojekt erfolgt schon in 43 Tagen. Und: Grüne planen Protestbesuch beim Land. Das ist ein verkehrspolitischer Knalleffekt der Sonderklasse. Bereits in 43 Tagen, am 13. März dieses Jahres, wird Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll offiziell die Bauarbeiten für die Klosterneuburger Stadtumfahrung einläuten. Mit einem Spatenstich beim Kierlinger Bahnhof. Der rasche Baubeginn hat sich in den letzten Wochen bereits abgezeichnet. Spätestens seit dem Antrag bei der nö Landesregierung, sie möge auf die langwierige Umwelt-Verträglichkeitsprüfung (UVP) verzichten (die NÖN berichtete exklusiv), war die Absicht der Projektsbeschleunigung klar zu erkennen. Fix: Keine Umweltprüfung Und wie zu erfahren ist, wird das Land dem Wunsch der Straßenverwaltung Tulln (sie ist offiziell Bauherr) noch im Februar entsprechen und die Umweltprüfung für obsolet erklären. Mit dem Argument, das bereits in einem Vorverfahren sämtliche Problembereiche (Grundwasser, Luft, Geologie, Lärm, Hydrologie etc.) ausreichend untersucht wurden. Mit dem Gutachter-Ergebnis, dass die Umfahrung weder Menschen noch Natur beeinträchtigen werde. Jetzt war der Weg für einen raschen Baubeginn der Umfahrung endgültig frei. Dass der Startschuss bereits am 13. März erfolgen wird, das überraschte nun selbst die größten Befürworter des millionenteuren Straßenprojekts. An diesem Tag wird Landeshauptmann Pröll den Grundstein für die Vergrößerung des Park&Ride-Platzes beim Kierlinger Bahnhof legen. Traditionell mit einem Spatenstich. Der ist gleichzeitig Auftakt für die ersten Bauarbeiten an der Umfahrung. „Beim Ausbau der Abstellflächen müssen wir natürlich schon Rücksicht auf die Trasse nehmen, die ja neben der Franz-Josefs-Bahn verlaufen wird. Das bedeutet, dass die Einmündung des Kierlingbaches, aber auch der Durchstich verlegt werden müssen. Da der Park&Ride-Platz über den Kierlingbach in Richtung Wien vergrößert wird, muss auch eine neue Brücke gebaut werden. Deren Planung erfolgt auch schon im Lichte der Umfahrung“, bestätigt Gemeinde-Baudirektor DI Edwin Kleiber. Danach, so bestätigen Insider, wird es Schlag auf Schlag gehen. Noch im Sommer wird die Bauverhandlung für den ersten echten Bauabschnitt - Kreisverkehr „Rattenloch“ - zu erwarten sein. Auch dabei sind keine zu großen Widerstände zu erwarten. Dies auch deshalb, da mit den betroffenen Anrainern (bauMax, Bundesbahn, Billa) bereits Einigungen erzielt wurden. Wie berichtet, fallen ja der Billa-Parkplatz an der B14 (Ausfahrtspur) und der bauMax-Lagerplatz in der Aufeldgasse (Umfahrungsende) dem Kreisverkehr zum Opfer. Auch die ÖBB haben der Hebung der Eisenbahnbrücke beim „Rattenloch“ schon zugestimmt. Der Plan des Landes, die Umfahrung ohne Umwelt- Verträglichkeitsprüfung zu bauen, erhitzt indes weiter die Polit- Gemüter. Mehr als empört zeigen sich die Klosterneuburger Grünen. Sie planen Anfang Februar einen Protestbesuch bei der Behörde. „Das Land kann doch nicht von sich selbst einen Freibrief für die Zerstörung der Au einfordern. Das ist doch grotesk.“ Die Umfahrungsgegner wollen auf jeden Fall eine UVP erzwingen und bezeichnen die Vorgangsweise des Landes als skurril und anmaßend. BGU-Gemeinderat Mag. Werner Schmidt erklärt: „Schon im August 2001 hat das Verkehrsministerium das Land beauftragt, die UVP durchzuführen. Für die Bundesbehörde war das Projekt also UVP-pflichtig. Das Verfahren lief bis April 2002 und verschlang etliche Steuergelder.“ Der Grün-Politiker erzürnt: „Im April 2002 wurde dann die Bundesstraßenkompetenz den Ländern übertragen und plötzlich glaubt das Land, dass eine Hochleistungsstraße durch das Augebiet nicht mehr UVP-pflichtig wäre.“ Die BGU und die Umfahrungsgegner werden alle Rechtsmittel ausschöpfen, diesen Schlag gegen das Umwelt-Verträglichkeitsgesetz zu bekämpfen. Schmidt: „Wenn der Betreiber selbst prüfende Behörde ist, ist das UVP-Verfahren ein Schildbürgergesetz geworden.“ Für den BGU- Gemeinderat steht fest: Sollte die Umweltbehörde befinden, dass eine Entlastungsstraße in der Au mit Verlegung des Durchstiches und einem Kreisverkehr mit 75 Meter Durchmesser keinen erheblichen Eingriff in den Auwaldbereich darstellen, könne man wohl kaum noch von einer Umweltbehörde sprechen. „Die Vorgangsweise des Landes ist präpotent und bürgerfeindlich. Wir werden deshalb Protestbesuche in den betroffenen Abteilungen des Landes durchführen.“ Dort versteht man die Aufregung der Umfahrungsgegner überhaupt nicht. Dr. Friedrich Zibuschka, oberster Verkehrsplaner, im NÖN- Gespräch: „Wir haben immer gesagt, wir prüfen, ob eine UVP notwendig ist. Schließlich wollen wir das Projekt nicht unnötigerweise um zwei Jahre verzögern.“ Dass eine Behörde den Antrag einer anderen prüft, auch wenn sich beide unter einem Dach befinden, sei der normale Weg und nicht verwerflich, so Zibuschka. „Und dass das Ministerium früher die UVP wollte, ist kein Argument. Damals gab es andere Rahmenbedingungen. Da wusste man noch nicht, ob die betroffenen Flächen zum Natura 2000-Gebiet gehören werden oder nicht.“ ************************* Kommentar von Prof. Knoflacher in "Die Ganze Woche", 2003-02-12 Wo bleibt der Rechtsstaat? In Niederösterreich gibt es eine Abteilung für Großprojekte, die in einer Art und Weise mit der Umwelt umgeht, wie es in einem funktionierenden Rechtsstaat undenkbar ist. Aus Geldern der Steuerzahler werden Rechtsanwälte bezahlt, um gegen besorgte Bürger vorzugehen, deren Lebensqualität durch geplante Projekte bedroht ist. Das dürfte es nicht einmal hinter dem Eisernen Vorhang vor 1989 gegeben haben. Unfassbar ist hingegen der Umgang mit der Natur. Während der Landeshauptmann sich um den Wienerwald bemüht, versucht diese Abteilung gleichzeitig, durch Verkehrsprojekte neue Verkehrsschneisen nicht nur durch den Wienerwald, sondern auch noch mitten durch die Wohngebiete zu schlagen - gegen die Bürger und ohne Rücksicht auf die Natur. Seit die Raumplanung einen neuen Chef hat, geht man auch rücksichtslos wie nie zuvor gegen den beamteten Naturschutz in Niederösterreich vor, einem in vielen Dingen vorbildlichen Land. Die vom Gesetz und der EU vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung wird vom Tisch gewischt, weil das Amt, welches das Tunnelprojekt betreibt, gleichzeitig auch die Bedingungen festlegt, unter welchen rechtlichen Auflagen das Projekt durchzuführen ist. Der Tunnel liegt im Landschaftsschutzgebiet Wienerwald und im Natura-2000-Gebiet Tullnerfeld-Donauauen, was die Betreiber dieses absurden Projekts nicht daran hindert, selbstherrlich zu bestimmen: "... kann somit von einer wesentlichen Beeinträchtigung im Sinne des §3, Abs.4 UVP-Gesetz nicht gesprochen werden. Aus der Sicht der Abteilung Großprojekte unterliegt dieses Vorhaben aus den oben angeführten Überlegungen nicht der UVP- Pflicht." Die "Überlegungen" sind von einer unglaublichen Arroganz und Oberflächlichkeit, wenn hochwertige Habitate, die zerstört werden ´durch teilweise Wiederaufforstung´ verbal kompensiert werden und die Eingriffe in das Natura-2000-Gebiet mit "... denkunmöglich gravierende Eingriffe in das Schutzgebiet zur Folge haben kann ...", abgetan werden. Nach dieser Vorgangsweise hätte man den Semmering Basistunnel wahrscheinlich nicht nur ein Mal, sondern zwei Mal rechtlich bauen und begründen können. Nur ein unabhängiges, vom Projektsbetreiber nicht bezahltes Gremium kann solche Beurteilungen durchführen und niemals Auftraggeber, die auftragsabhängig sind. Wie kann man jemanden als "unabhängigen Gutachter" bezeichnen, wenn von seinem Wohlverhalten gegenüber dem Auftraggeber seine weiteren Geschäfte abhängig sind?
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