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Re: Strassenstrich & Doppelmoral
Der dieswöchige Artikel in der NÖN zum "Ärgernis"
Strassenstrich beim
Auhofcenter sorgt für reichlich Diskussionspotential in
Purkersdorf.
Was stört diese penetranten Moralapostel denn nun wieder
an diesem
ältesten Gewerbe der Menschen? Rechtzeitig zur
Weihnachtszeit wird
über Menschen hergezogen und diese Personen verunglimpft,
anstatt sie
zu unterstützen und wie wir es in unserem Glauben doch alle
gelernt
haben zu respektieren.
Was haben diese Frauen und ja teilweise auch Transvestite
denn denen
getan die sich empören und sie dort weg haben wollen ?
Diese Art des verdiens des Lebensunterhaltes ist ehrenvolle
als jene
der Anlageberater und Spekulanten, die ganze Familien ohne
wenn und
aber in die Armut gezogen haben, die Existenzen zerstört
haben und die
Menschen in den Suizid getrieben haben.
Anstatt mit Fingern auf diese Frauen zu zeigen solten ir
alle diesen
Frauen ein würdiges Weihnachtsfest bereiten und sie beim
einkaufen im
Auhofcenter mit einem kleinen Aufmerksamkeitsgeschenk bedenken.
Eine nette Duftkerze oder ein wohlriechendes Badeöl oder coole
Netzstrümpfe, die wir doch alle so gerne anschauen.
Vielleicht wird ja dabei der einen oder anderen Frau in
Schleier von
den Augen fallen und sich zu Weihnachten auch mal
ansprechend ihrem
Patner zeigen.
Und nun bin ich wirklich auf die Reaktionen gespannt.
Euer sozial_ist
Hallo,
also ich reagiere auf das Posting.
Ich gebe Ihnen Recht, dass man nicht auf die Prostituierten mit dem
Finger zeigen muss.
Ich möchte das aber auch nicht so verklärt dargestellt lesen
und jedes
Mal bei diesem Thema über den Begriff des „ältesten
Gewerbes“ stolpern
müssen. Zum Einen stimmt da nämlich schlicht nicht und zum anderen
macht es das nicht besser. Dieses Ausdruck „ältestes
Gewerbe“ ist für
mich ein Begriff, der die Probleme der Prostitution
verniedlicht und
schön färbt.
Wenn wir heute über Prostitution sprechen, müssen wir in
einem Atemzug
über Menschenhandel und Gewaltverbrechen reden.
Ein ganz geringer Prozentsatz der Frauen macht diesen Job gerne,
freiwillig und verdient dabei. Die Anzahl der Frauen, die unter
Vorspiegelung falscher Tatsachen von Zuhältern und
Menschenhändlern zu
diesem Job gezwungen werden, liegen bei nahezu 90 Prozent. Kaum
vorstellbare Martyrien zeichnen diese Lebensgeschichten und die
Freiheit dieser Frauen ist die von Sklaven.
Wer ungeschoren davon kommt, sind die Freier, die für ein
paar Euros
(die oft nicht einmal als fehlend im Haushaltsbudget aufscheinen) -
sein- schnelles Vergnügen kaufen und sich den Umstand der
Prostitution
schön reden. Alles andere würde ja auch nicht funktionieren. Würden
sie auch nur einmal darüber nachdenken, müssten sie sich gewiss
werden, dass sie Teil der Gewaltverbrechen sind. Also müssen
sie sich
so blöd stellen, damit das Geschäft überhaupt funktionieren kann.
Würde er darüber nachdenken, dass er diese Frauen eigentlich nur
anekelt, weil sie eben zu diesem Job gezwungen wird, müsste ihm von
selber alles vergehen und er unverrichteter Dinge wieder abziehen.
Ich stimme Ihnen zu, dass es schön wäre, würden wir diesen
Frauen ein
würdiges Weihnachtsfest bescheren, würden wir ihnen ermöglichen in
ihrer Heimat bei ihren Familien zu sein, würden wir ihnen Jobs
anbieten, bei denen sie Sozialversicherung und Pensionsvorsorge
erwirtschaften können, würden wir Ihnen einfach ein
menschenwürdiges
Dasein bereiten.
Und würden wir den Männer, die sich an ihnen vergehen, und
eben dieses
System der Ausbeutung von Frauen maßgeblichst unterstützen
vor Augen
führen, dass auch diese Frauen Töchter und Schwestern sind.
Dass sie
ihnen Gewalt antun und dazu beitragen, dass weiterhin 15-jährige
vergewaltigt, missbraucht und misshandelt zur Prostitution
gezwungen
werden. Und ihren Zuhältern ein sehr gutes Leben ermöglichen. Nach
Angaben der Interpol bringt eine Prostituierte ihrem Zuhälter
durchschnittlich 107 000 Euro im Jahr ein.
Meine Solidarität gehört den Prostituierten, die mir von
Herzen leid
tun. Und ich glaub nicht, dass man ihr Leid mit Badeölen oder
Duftkerzen lindern kann. Netzstrümpfe verursachen ihnen
wahrscheinlich
Brechreiz.
Bina
stimmt natürlich, dass es noch ältere Gewerbe gibt. Herbergswirte,
Pharisäher, Stadthalter.... aber ob die ehrenwerter sind mag ich
ehrlich gesagt bezweifeln. Das hat sich auch mit ihren Nachfolgern in
der heutigen Zeit nicht geändert. Abgesehen davon, dass damals der
ehrliche Tauschhandel üblich war und heute in einigen dieser Kreise
Bestechung und Abzocke an der Tagesordnung sind. |