In die Kommunalpolitik? Unter Politik verstehe ich ein Teilhaben an der Verantwortung fürs Zusammenleben. Das ist ganz konkret gefordert, etwa wenn in Purkersdorf Jugendliche ihr Bedürfnis nach Freiraum und Autonomie unter dem Dach einer Holzbrücke suchen müssen, aber ganz genauso konkret, wenn zunehmendes soziales Unbehagen auf bundespolitische Weichenstellung zurückzuführen ist, oder auch, wenn es sich klarzumachen gilt, dass mit dem Gegenwert der weltweiten Militärausgaben hunderttausende und aberhunderttausende von Kindern vor dem Hungertod hätten bewahrt werden können. Alles greift ineinander und das Argument, etwas gehe „uns in Purkersdorf" nichts an, möchte ich nicht gelten lassen. Es kommt darauf an, die Zusammenhänge zu erkennen.
Ist Purkersdorf von der Bundespolitik betroffen und konntest du hier konkret was tun?
Nehmen wir zum Beispiel die von der Bundesregierung geplante Beseitigung der Notstandshilfe für Langzeitarbeitslose und deren Umwandlung in eine „Sozialhilfe neu". Die Betroffenen haben beträchtliche Schlechterstellungen hinzunehmen und die Gemeinden, die maßgeblich für die Mittel der Sozialhilfe aufzukommen haben, werden zusätzlichen budgetären Belastungen ausgesetzt. Wir konnten im Gemeinderat eine Diskussion in Gang setzen, die schließlich zu einer einstimmig beschlossenen Resolution an die Bundespolitik geführt hat. Purkersdorf war nicht die einzige Gemeinde.
Oder auch der Purkersdorfer Protest gegen die In-die-Pflicht-Nahme der Gemeinden und Bürgermeister durch den Heeresnachrichtendienst im Militärbefugnisgesetz. Die öffentliche Erklärung unserer Stadtgemeinde, auch in Zukunft dem Geheimdienst keine Auskünfte zu erteilen und keine Falschurkunden auszustellen, hat Purkersdorf bundesweite Beachtung und Sympathien zukommen lassen und über 35 Gemeinden, darunter auch Wien und Linz, sind dem Beispiel gefolgt. Auch das ist Kommunalpolitik der Liste Baum & Grüne und macht schon ein wenig stolz.
Was hat dich in den vergangenen Jahren besonders gefreut, was besonders geärgert?
Es freut mich einfach, dass mich das Leben im Herbst 1997 nach Purkersdorf verschlagen hat. Es ist ein sehr lebenswertes Städtchen und vieles, was sich der Bürgermeister im Wahlkampf nun an den Hut heftet, trägt unverkennbar die Handschrift von Josef Baum, von Gabi Scholz und unserer Stadträtin Marga Schmidl.
Nehmen wir nur das Stadttaxi. Oder eines der sichtbarsten Errungenschaften, das Biomasseheizwerk. Es wurde von Josef initiiert, von Gabi - gegen die absolute SP-Mehrheit - weiter gefordert, von Josef als Stadtrat schließlich durchgesetzt und von Marga eröffnet. Bereits zu Beginn der GR-Periode haben wir auf wirksamen Heizkostenzuschuss für Minderbemittelte gedrängt, haben im Gemeinderat sicherstellen lassen, dass für MieterInnen von Gemeindewohnungen durch die Eigentumsübertragung auf die Gemeindegesellschaft WIPUR keine zusätzlichen Belastungen entstehen, haben mit unserer Warnung vor unkalkulierbaren Risken Cross-Border-Leasing-Geschäfte verhindert, haben in einer „Aktion Rechtsstaat" Gleichheit für einen stadtbekannten Bauherrn und mutmaßlichen Fußballförderer eingefordert und gemeinsam mit dem Bürgermeister die PACE- Friedensfahne gegen den Irakkrieg am Rathaus gehisst. Im Prüfungsausschuss habe ich beigetragen, im Dickicht der komplexen Bauabrechnungen des Feuerwehrhauses eine fehlende „Million" (ATS) aufzuspüren und einbringlich zu machen, und konnte einen dubiosen GR-Beschluss im Zusammenhang mit einer außertourlichen Höherreihung einer Gemeindemitarbeiterin aufdecken. Der Fall liegt mittlerweile bei der Gemeindeaufsicht des Landes.
Ich denke, in Purkersdorf herrscht ein offenes, lebhaftes politisches Klima, an dem die Buntheit der Liste Baum & Grüne ebenso Anteil hat wie die von ihr mitinitiierte offene Homepage purkersdorf-online.at. Möge uns diese Qualität Purkersdorf's erhalten bleiben und nicht in einer Bürgermeister-Allmacht untergehen!
Meinen besonderen Ärger möchte ich durchaus auch auf mich beziehen. Es hat mich in den letzten 5 Jahren nicht selten geärgert, dass ich nicht mehr Zeit für Purkersdorf aufbringen konnte.
Du führst eine Rechtsanwaltskanzlei in Wien. Bist du ein Workoholic?
Eben nicht. Ich bin gern Anwalt, habe eben meine Sprechstelle Purkersdorf eröffnet und die Gemeindepolitik ist mir wichtig. Aber mindestens ebenso wichtig ist mir das dritte Lebensstandbein – die Zeit mit meiner Tochter Anna, Zeit für Musik und mein Cello, Zeit für Schitouren, Zeit für Sauna, einfach Zeit für mich.