RWK NÖ-Mitte |
Protokoll |
Innovationsworkshop |
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Teilregion Wienerwald |
Zeit: Dienstag, 26. März 2002 9:00 bis 17:00
Ort: Gemeindeamt Gablitz
Teilnehmer: siehe Anhang
TOP 1: Begrüßung und Einführung
Information über das Programm und bisherige Ergebnisse
Vorstellung der Arbeitsmethode (Innovationskompass)
TOP 2: Gebietsbewertung
TOP 3: Leitstrategien
TOP 4: Ausblicke und Schluss
TOP 1: Begrüßung und Einführung
Als Gastgeber und in Vertretung des Regionalmanagers, Herrn Weitzer, begrüßte Bgm. Jonas die Anwesenden.
Karl Reiner (ÖAR) stellte das Gesamtprogramm zur Erstellung des RWK NÖ-Mitte vor und präsentierte einige Ergebnisse der Analysephase, die auch als Tischvorlage ausgeteilt wurden1. Aus den vorliegenden Daten lassen sich mögliche Orientierungen für die zukünftige Entwicklung der Wienerwaldregion ableiten. Bestehende Programme, wie die regionale Wirtschaftsentwicklung im Raum Purkersdorf, die Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs, ein Konsumenteninformationszentrum in der landwirtschaftlichen Fachschule Tullnerbach, das tausendjährige Jubiläum der Region Wienerwald, der Ausbau von Naherholungsangeboten, sowie lokale Naturpark- und Kulturlandschaftsprojekte, weisen darauf hin, wo die derzeitigen Schwerpunkte der Entwicklung geortet werden.
Robert Lukesch (ÖAR) präsentierte die weitere Tagesordnung und stellte die Methode der strategischen Gebietsbewertung anhand des Innovationskompasses vor. Dieses Werkzeug sollte den anwesenden AkteurInnen, ausgehend von einer Bewertung der Teilregion, die Herausarbeitung von zumindest zwei Leitstrategien erleichtern.
a) Der Ablauf
Die TeilnehmerInnen teilten sich in drei Arbeitsgruppen, die jeweils drei Komponenten des Innovationskompass anhand des Fragenkatalogs bewerteten:
AG1: Bevölkerung - Umwelt - Vorstellungen
AG2: Steuerung - Fähigkeiten - Identitäten
AG3: Märkte - Finanzen - Aktivitäten.
Die drei Gruppen bewerteten insgesamt 135 Fragen auf einer Skala von 1 bis 10. Die TN entschieden, zusätzlich zum aktuellen Wert auch den Wert für die Situation vor zehn Jahren zu bestimmen. Die Ergebnisse wurden danach zusammengespielt und ergaben das Netzdiagramm auf der folgenden Seite.
b) Das Bewertungsergebnis
Sehr positiv war die Einschätzung der Achsen Umwelt (Kulturlandschaft und Siedlungswesen), Aktivitäten (Unternehmensstruktur, Ver- und Entsorgungsstrukturen) und Fähigkeiten (Kompetenzen, Ausbildungsstand). Die Achse Bevölkerung (Altersstruktur, Zuwanderung) befindet sich stabil auf hohem Niveau.
Etwas gedämpft ist hingegen die Bewertung der Achse Identitäten. Wenn man einen Blick auf die Bewertung der 45 Subkomponenten wirft, sieht man, dass die einzigen zwei, die sich seit 10 Jahren verschlechtert haben dürften, "Zusammenhalt" (Identität) und "Familie" (Bevölkerung). Das sind Hinweise auf zumindest beginnende Probleme im sozialen Zusammenhalt und der freiwilligen Gemeinschaftsstrukturen, während die Bindung an den Ort (z.B. über Grundeigentum) nach wie vor hoch ist.
Die Komponenten Vorstellungen (Images, Leitbilder), Märkte (Wettbewerbsfähigkeit und Nahversorgung) und Finanzen (Einkommen, Vermögen) sind ebenfalls verbesserungsfähig und weisen auf Schwächen in der Wirtschaftsstruktur hin.
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vergangen |
gegenwärtig |
Differenz |
Diff. in % |
3 |
Identitäten |
5,4 |
5,9 |
0,5 |
8,47% |
4 |
Steuerung |
4,8 |
5,8 |
1,0 |
17,24% |
5 |
Fähigkeiten |
5,4 |
6,1 |
0,7 |
11,48% |
6 |
Aktivitäten |
4,2 |
6,1 |
1,9 |
31,15% |
7 |
Finanzen |
4,4 |
5,1 |
0,7 |
13,73% |
8 |
Märkte |
4,5 |
5,3 |
0,8 |
15,09% |
9 |
Vorstellungen |
5,0 |
6,0 |
1,0 |
16,67% |
1 |
Umwelt |
5,0 |
7,4 |
2,4 |
32,43% |
2 |
Bevölkerung |
6,6 |
7,2 |
0,6 |
8,33% |
c) Gesamtbeurteilung des Kompassprofils aus der Sicht des Beraters (R. Lukesch)
Die Qualität des Lebensraums ist trotz ihres bereits hohen Niveaus in den letzten Jahren noch gesteigert worden. Die Stärke auf der linken Seite des Kompasses stellt das bedeutendste Potenzial der Region dar.
Die günstige demographische Struktur und hohe Qualifikation ermöglichen eine wachsende unternehmerische Dynamik, die sich auf der rechten Seite des Kompasses zeigt.
Im politisch-administrativen System ist es, ausgehend von bescheidenem Niveau, in den letzten Jahren gleichfalls zu einer Dynamisierung gekommen.
Schwächen bestehen in jenen Bereichen, die sich auf gemeinschaftlichen Zusammenhalt, soziale Kohäsion und gemeinsame Leitvorstellungen gründen. Dieser Befund dürfte sowohl für die menschlichen Gemeinschaften (Familien, Nachbarschaften) als auch für die Kooperation zwischen Gemeinden und Unternehmen zutreffen.
Aus dem Profil treffen wir unter Anwendung der Auswertungsregeln (siehe die entsprechende Tischvorlage2) folgende Annahmen:
Ausgangspunkt ist die stärkste Komponente Umwelt.
Strategien, die sich stark auf Elemente stützen, die in der Komponente Identität zusammengefasst sind, wird möglicherweise wenig Erfolg beschieden sein (z.B. lokale Dorferneuerungs- oder Einkaufsinitiativen).
Strategien, die sich unternehmerischer Initiative als Hebel bedienen (Aktivitäten), sind hingegen erfolgversprechend.
Eine Kombination aus den Komponenten Umwelt - Märkte - Steuerung stärkt die Komponenten Vorstellungen und Finanzen.
Die Verknüpfung der Komponenten Umwelt - Vorstellungen - Fähigkeiten - Steuerung stärkt die Komponente Finanzen zusätzlich, und in weiterer Folge die Identitäten.
Diese Annahmen scheinen sich zu bestätigen, wenn wir die in den Arbeitsgruppen genannten "wichtigen Themen" miteinander in Beziehung setzen (siehe Grafik3). Es ergeben sich im wesentlichen zwei "Strategiefelder":
In der Plenardiskussion nach den Arbeitsgruppen zeichneten sich aus dem Kompassprofil grobe Umrisse für zwei Leitstrategien ab, deren nähere Bestimmung danach in zwei parallelen Arbeitsgruppen erfolgte. Ihre Arbeitstitel lauten:
SCHATZKAMMER WIENERWALD
STANDORT WIENERWALD
1. Leitstrategie I: Schatzkammer Wienerwald
Mind map - Profil aus der Plenardiskussion:
Ergebnisse der Arbeitsgruppe lt. Protokoll von Frau Bock:
Ziel |
Eine bessere, umweltschonende Vermarktung des Wienerwaldes
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Zielkriterien |
Steigerung der Nächtigungszahlen Tagestouren zu kulturell interessanten Punkten abseits der gängigen Touren, die bereits angeboten werden Kleinregionale Nutzung der Landschaft unter Einbeziehung der Direktvermarkter Vernetzung der Künstler der Region
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Werte |
Verbesserung der Identifikation mit dem Lebensraum Imagebildung innerhalb der Bevölkerung und der Bewusstheit darüber, dass wir die TouristInnen brauchen Den tatsächlichen Wert des Lebensraums bewusst schätzen und erleben Gemeinsame Projekte sind leichter realisierbar
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Handlungsrahmen |
Einzelne Unternehmen müssen zusammenarbeiten Die Gemeinden müssen in Dialog zueinander treten Vernetzung klein beginnen - von Nachbargemeinde zu Nachbargemeinde Organisierte Verbände sollen zusammenarbeiten
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Potenziale, Ressourcen |
Bessere Nutzung des Internets Menschliche Kontakte auf Messen; z.B. Sprachkenntnisse überregional nutzen
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Hemmnisse, Risiken |
Wirtschaftlicher Konkurrenzdruck Gegeneinander statt miteinander
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LEITPROJEKTE für diese Strategie: Bestehende Projekte
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Hierzu ist uns kein Projekt eingefallen.
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Neue Projekte |
Neue Initiativen für den Tourismus entwickeln Imagefigur (Markenbild) kreieren
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Die nächsten drei Schritte |
Dieser Punkt wurde aus Zeitmangel nicht behandelt |
Diese Ergebnisse wurden im Schlussplenum präsentiert und diskutiert. Die erste Leitstrategie "Schatzkammer Wienerwald" fügt sich sehr gut in die Bestrebungen zur Schaffung des Biosphärenparks Wienerwald ein, der somit als Kristallisationskern dieser Strategie zu sehen ist. Das heurige Jubiläumsjahr "1000 Jahre Wienerwald" kann als erste Stufe (bzw. "Versuchslabor") zu einer weiterreichenden und dauerhaften innerregionalen Kooperation betrachtet werden, wobei erstens deren äußere Grenzen nicht eindeutig festlegbar sind und zweitens deren innerer Diversität gebührend Rechnung getragen werden muss.
2. Leitstrategie II: Standort Wienerwald
Mind map - Profil aus der Plenardiskussion:
Ergebnisse der Arbeitsgruppe lt. Protokoll von Karl Reiner:
Ziele |
Arbeiten und Wohnen im Grünen Wienerwald-Schätze vermarkten (Tourismus, Standortkatalog) Attraktive Verkehrsverbindungen (Förderung des ÖV, Reduktion der Verkehrsbelastungen) Wienerwald - Natur sichern Überkommunales Raummanagement
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Zielkriterien |
Grenzen bezüglich Bauland bezogen auf Wohnbevölkerung Gemeindeausgaben pro EW für Infrastruktur (Kanal, Schulen etc.) Erhöhung des Anteils des ÖV (jährliche Verkehrszählungen) Entwicklung der Flächennutzung
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Werte |
Es wurden keine genannt
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Handlungsrahmen |
Gemeinden führen gemeinsame Verkehrszählungen durch Gemeinden führen gemeinsame Flächenerhebung durch (Wohnen, Grünland, Betriebsflächen) Land (RU2) plant und setzt Biosphärenpark um Land erwirkt Kernzonenerweiterung des VOR Land berücksichtigt den dynamischen Standort Tulln besser in der Planung Land/Bund/EU: Gezielte Förderungen
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Potenziale, Ressourcen |
Es wurden keine genannt
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Hemmnisse, Risiken |
Es wurden keine genannt
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LEITPROJEKTE für diese Strategie: Bestehende Projekte |
Verbesserung des öffentlichen Verkehrs Ortsmarketing Pressbaum Kulturlandschaftsprojekt GB Purkersdorf Klimabündnisprojekte
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Neue Projekte |
Gemeinsame Standortvermarktung Biosphärenpark Wienerwald Erweiterung der VOR-Kernzone
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Die nächsten drei Schritte |
Nächster Schritt: Öffentlichkeitsarbeit für den Biosphärenpark in Absprache mit den Landesstellen |
Diese Ergebnisse wurden im Schlussplenum präsentiert und diskutiert. Auch hier bildet der Biosphärenpark Wienerwald einen Angelpunkt für den Beginn einer neuen Qualität von Kooperation innerhalb der Region.
a) Zusammenfassende Beurteilung der Ergebnisse aus Beratersicht
Die beiden Leitstrategien Schatzkammer Wienerwald und Standort Wienerwald zeigen gemeinsame Bezugspunkte und setzen doch verschiedene Akzente.
Die gemeinsamen Bezugspunkte der Leitstrategien sind,
dass sie an der natur- und kulturräumlichen Hochwertigkeit des Raumes ansetzen;
dass sie eine Vernetzung oder zumindest eine gemeinsame Klammer für den in sich höchst verschiedenartigen Raum anstreben.
Zusätzlich zu ihrer guten Verknüpfbarkeit setzen sie unterschiedliche Akzente:
Die Schatzkammer Wienerwald verleiht der Region nach außen und nach innen eine gemeinsame Gestalt und Profil. Die geographisch-naturräumliche Identität verstärkt die kulturhistorische Achse Heiligenkreuz-Mauerbach-Klosterneuburg und vice-versa. Gleichzeitig legt der Begriff "Schatzkammer" nahe, dass es hier viele Kleinodien zu entdecken gibt (wie "Brillianten auf einem Diadem", das auf dem "Haupt Wien" sitzt, aber seinen eigenen Charakter und Eigenwert besitzt). Die Stoßrichtung der Leitstrategie I ist imageorientiert und nutzt das touristische und Naherholungspotenzial.
Der Standort Wienerwald nutzt den gemeinsamen Raumbezug zu verstärkter innerregionaler Abstimmung. Dadurch werden überörtliches Standortmanagement, räumliche Aufgabenteilung, Verkehrsoptimierung und das Setzen gezielter Akzente in der Ansiedelung von Wirtschaftsbetrieben erleichtert. Die Wettbewerbs- und Verhandlungsposition der Gesamtregion (vor allem vis-à-vis Wien) wird verbessert. Des weiteren befördern kleinregionale Partnerschaften einen Interessensausgleich zwischen Landgemeinden und aufstrebenden Zentren (Purkersdorf, Neulengbach, Tulln) bzw. zwischen alten, urbanen Zentren (Klosterneuburg) und neuen, suburbanen Wohngebieten (St. Andrä-Wördern). Die Stoßrichtung der Leitstrategie II ist kompetenzorientiert und entwickelt sowohl das unternehmerische Potenzial als auch die politischen Gestaltungsspielräume.
b) Rückmeldungen aus dem Kreis der TeilnehmerInnen
Der Anfang war zäh, aber insgesamt hat sich die Tagung gut entwickelt.
Wenn nur 50% von den genannten Vorhaben umgesetzt werden, ist es schon gut.
Dank für Workshop-Leitung.
Habe viel dazugelernt, hat viel gebracht. Habe andere Sichtweisen kennengelernt.
Generell gut, aber Moderation der Arbeitsgruppen sollte durch Externe erfolgen.
TeilnehmerInnenzahl war sehr gering, manchmal zu gering, um bestimmte Fragen kompetent zu bewerten.
Viele Gemeinden haben gefehlt (z. B. und vor allem Purkersdorf, Neulengbach).
Unklarheit, wo die Grenzen der Region verlaufen.
c) Ausblicke
Karl Reiner kündigt an, dass die Ergebnisse in das Gesamtkonzept NÖ-Mitte einfließen werden. Nach den Workshops in den fünf Teilregionen werden zu den wichtigsten Themen gesamtregionale Arbeitsgruppen eingerichtet und die Teilregionen gebeten, geeignete VertreterInnen dorthin zu entsenden.
Es ist möglich und wünschenswert, dass sich die TeilnehmerInnen an diesem Workshop (und alle weiteren Interessierten) ein weiteres Mal im Rahmen der Teilregion Wienerwald treffen, um bestimmte Leitprojekte bzw. nächste gemeinsame Schritte und Maßnahmen weiter zu konkretisieren. Als Kontaktperson für weitere Treffen stellt sich Bgm. Jonas freundlicherweise zur Verfügung.
Konkrete Termine wurden nicht ausgemacht; allerdings verwiesen die TeilnehmerInnen auf die Vorbereitungsschritte zum Biosphärenpark und auf das Tausend-Jahr-Jubiläum als Anlässe für eine Intensivierung der regionalen Vernetzung.
1 "Teilregion Wienerwald - Unterlage zum Teilregionsworkshop"
2 "Der Innovationskompass - Ein Instrument zur strategischen Gebietsbewertung"
3 Grüne (gerade) Schrift bedeutet "Potenziale und Herausforderungen", rote (kursive) Schrift bedeutet "Probleme und Risiken":
ÖAR/ÖIR