Auszüge aus der Parlamentskorrespondenz
Der Landwirtschaftsausschuss des Nationalrates stimmte mit F-V-Mehrheit einer Regierungsvorlage zu, die u.a. Änderungen beim Forstgesetz bringen wird.
Begründet wird die umfassende Novellierung damit, dass das Forstgesetz in der derzeit geltenden Fassung aufgrund geänderter Rahmenbedingungen den forst-, umwelt- und wirtschaftspolitischen Anforderungen nicht mehr in vollem Umfang gerecht wird. Aus diesem Grund werden Anpassungen vorgenommen, die insbesondere folgende Ziele zum Inhalt haben: Entbürokratisierung und Verwaltungsvereinfachungen, Neuregelung des Rodungsverfahrens, stärkere Bedachtnahme auf Aspekte der Ökologie, Neuregelungen betreffend den Schutzwald, Forststraßenbau etc. Ein in der heutigen Sitzung von den Koalitionsparteien eingebrachter Abänderungsantrag enthält vor allem formale Anpassungen im Forstgesetz.
Darüber hinaus wird mit dem Abänderungsantrag die Flächenobergrenze für anmeldepflichtige Rodungen von 500 m2 auf 1.000 m2 erhöht.
Begründet wird dies damit, dass statistischen Auswertungen zufolge der Anteil von Rodungsbewilligungen mit einem Flächenausmaß von höchstens 1.000 m2 bei 48% liegt, die damit bewilligte Fläche insgesamt jedoch nur 3,5% der Gesamtrodungsfläche ausmacht.
Während die Abgeordneten der Koalitionsparteien von einem modernen, der heutigen Zeit angepassten Forstgesetz sprachen, übten SPÖ und Grüne zum Teil massive Kritik und wandten sich insbesondere dagegen, dass nicht mehr der Waldbesitzer öffentliches Interesse glaubhaft machen müsse, um bis zu 1.000 m2 Wald roden zu dürfen, sondern die Behörde nachzuweisen habe, dass öffentliches Interesse an der Erhaltung der entsprechenden Waldfläche bestehe. Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) hält die sechswöchige Frist, innerhalb der die Behörde gegen angemeldete Rodungen einschreiten könne, für viel zu kurz um alle wesentlichen Punkte, z.B. wasserrechtliche Fragen, zu klären. Zudem fürchtet er, dass die Liberalisierung zu einer Zerstückelung von Waldstücken und zu Spekulationen in stadtnahen Gebieten führen wird. Ähnlich argumentierte auch der S-Abgeordnete Emmerich Schwemlein, der den freien Zugang zum Wald in Gefahr sieht. Ein Entschließungsantrag der S, die Beweislast beim Waldbesitzer zu belassen und die Ausdehnung des vereinfachten Verfahrens auf bis zu 1.000 m2 Waldfläche zurückzunehmen, blieb bei der Abstimmung jedoch in der Minderheit.
Von den Abgeordneten der Koalitionsparteien wurden die neuen Rodungsbestimmungen durchwegs verteidigt. Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer bekräftigte, das neue Forstgesetz erfülle alle Anforderungen an die moderne Definition von Nachhaltigkeit und schreibe sowohl die Schutzfunktion, die Erholungsfunktion, aber auch die Lebensraumfunktion des Waldes fest. Deregulierung und Nachhaltigkeit sind für ihn keine Widersprüche, die österreichische Forstwirtschaft habe sich ebenso wie der Gesetzgeber dem Prinzip der Nachhaltigkeit verschrieben. Was die Frage der Rodungen betrifft, betonte Molterer, dass auch künftig keine Rodungen durchgeführt werden dürften, wenn diesen ein öffentliches Interesse entgegensteht. Sollte die Behörde bei einer angemeldeten Rodung ein öffentliches Interesse geltend machen, werde wie bisher ein Bewilligungsverfahren durchgeführt.
Die Änderung des Forstgesetzes wurde unter Berücksichtigung des V-F-Abänderungsantrages mit den Stimmen der Koalitionsparteien beschlossen.
Wie nachstehenden, auszugsweisen Stellungnahmen zum Entwurf der Gesetzesvorlage zu entnehmen ist, stellt gerade die Änderung des "Rodungsparagraphen" für die Zukunft des Wienerwaldes eine enorme Bedrohung dar!
Berücksichtigt man, dass bei Aussendung des Entwurfes noch von 500 m2 die Rede war und nunmehr durch den V-F-Abänderungsantrag 1.000 m2 in die Gesetzesvorlage aufgenommen wurden, sind noch drastischere Auswirkungen zu befürchten, als angeführt.
AMT DER WIENER LANDESREGIERUNG
Das Amt der Wiener Landesregierung gibt nach Anhörung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien bekannt, dass gegen den im Betreff angeführten Gesetzentwurf gewichtige Bedenken bestehen, zumal offensichtlich von leitenden Grundsätzen des Forstgesetzes 1975, wie z.B. vom Gebot der Walderhaltung etc. abgegangen werden soll und daher der vorliegende Entwurf abgelehnt werden muss. Bisher steht die eindeutige Zielsetzung im Vordergrund, Waldboden und Wald wegen seiner Schutz- und Wohlfahrtswirkungen in seiner gesamten Fläche möglichst zu erhalten und so der Öffentlichkeit durch Aufforstungsgebote und Rodungsverbote die Nachhaltigkeit der Bewaldung zu garantieren. Neben diesen ausschließlich im öffentlichen Interesse gelegenen Grundsätzen tritt noch jener der Erhaltung der Funktion des Waldes als Rohstofflieferant hinzu, wobei wegen der Langfristigkeit der forstlichen Produktion und deren großer volkswirtschaftlichen Bedeutung ein begründetes Interesse an der Erhaltung von Waldflächen zu Gunsten späterer Generationen besteht. Mit dem vorliegenden Entwurf sollen diese im öffentlichen Interesse begründeten Grundsätze weitgehenst eingeschränkt und offenbar zu Gunsten wirtschaftlicher Interessen einzelner Pressuregroups abgeschwächt werden.
Weiters ist kritisch anzumerken, dass unter dem Prätext einer Verwaltungsvereinfachung besonders durch die geplanten Änderungen im Rodungsverfahren die derzeit, nicht zuletzt durch die strengen Vorgaben des Forstgesetzes 1975 mit einer zwingenden Abwägung der einzelnen öffentlichen Interessen, erfreuliche Entwicklung in Österreich mit seiner hohen Waldausstattung und einer positiven Waldflächenbilanz für die Zukunft in Frage gestellt wird, was wieder weitreichende und nachhaltige negative ökologische Auswirkungen auf Klima und Wasserhaushalt mit sich bringen kann. Überdies erfüllt der Wald auch wichtige Funktionen im raumordnungspolitischen Bereich und ist z.B. für die erholungssuchende Bevölkerung oder den Tourismus von unschätzbarem Wert, der nicht zu Gunsten einer kurzsichtigen Gewinnmaximierung gefährdet werden darf. Auch könnte durch die geplanten, weit reichenden Erleichterungen im Rodungsverfahren gerade der aus der Sicht des Landes Wiens so wichtige Bestand des Wienerwaldes ernsthaft durch weitere intensive Nutzung und Verhüttelung etc. bedroht werden.
GRÜNE BÄUERINNEN UND BAUERN
Verein zur Förderung der bäuerlichen Interessen
Zum Thema Rodungen: Diese Regelung bedeutet eine Abkehr vom bisherigen Grundsatz ?Wald muss Wald bleiben?! Die Neufassung sollte dringend zurückgenommen werden!
Das bisher geltende Rodungsverbot wird durch die Neuregelung de facto bis auf wenige Fälle aufgehoben. Bisher war ein öffentliches Interesse an der Rodung glaubhaft zu machen, um Wald roden zu dürfen. Künftig muss die Behörde ein öffentliches Interesse an der Walderhaltung glaubhaft machen, wobei durch die Bezugnahme auf Waldausstattung und Raumplanung eigentlich wenig Untersagungsgründe verbleiben. Wenn es auch eine Bindung an die Raumplanung gibt, wäre doch die Zersiedelung und Zerstückelung von Waldflächen sehr wahrscheinlich, weil Waldflächen viel billiger sind, und deshalb für Betriebsansiedlungen etc. künftig eher in Frage kommen. Windschutzstreifen und Gehölze können durch private Interessen zur leichteren Bearbeitung von landwirtschaftlichen Flächen unter einen starken Rodungsdruck kommen. Die Argumentation, dass anmeldepflichtige Rodungen bisher nur ein geringes Flächenausmaß erreicht haben, geht fehl: Das liegt vor allem darin begründet, dass kleinflächige Rodungen meist kein öffentliches Interesse nachweisen konnten. Durch die Änderung ist aber ein dramatischer Anstieg von kleinflächigen Rodungen zu erwarten. Der Wegfall der Bewilligungspflicht entbindet die Behörde nicht von der Aufgabe, Rodungsanmeldungen zu prüfen und gegebenenfalls zu untersagen oder an ein Bewilligungsverfahren zu binden und führt im Zusammenspiel mit einer steigenden Anzahl von Rodungen auch nicht zu einer wesentlichen Personaleinsparung. Wenn keine sorgfältige Prüfung durch die Behörde erfolgt, können sich rechtswidrige Zustände einstellen, wenn kleinflächige Rodungen trotz entgegenstehenden öffentlichen Interesses durchgeführt werden. Problematisch erscheint, dass bei anmeldepflichtigen Rodungsverfahren die Gemeinde kein Anhörungsrecht besitzt und deshalb öffentliche Interessen gar nicht wahrnehmen kann. Parteien im Sinne des §8 AVG haben keine Einspruchsmöglichkeiten, d.h. auch angrenzende Waldeigentümer haben keinen Anspruch auf Deckungsschutz nach diesem Gesetz.
WWF ÖSTERREICH
Bisher achtete das Forstrecht streng darauf, dass Wald in Österreich Wald bleibt. Im Novellierungsentwurf werden die Vorgaben für das Rodungsverfahren vollständig neu geregelt. Für Rodungen unter 500 m2 soll das Rodungsverfahren entfallen und diese nur noch anzeigepflichig werden. Diese Neufassung sollte dringend zurückgenommen werden. Die Neuformulierung wird den Siedlungsdruck auf die ökologisch besonders wertvollen Waldränder rund um die Ballungszentren wesentlich erhöhen und wird abgelehnt. Die in den Erläuterungen dargelegte Argumentation, dass in der Vergangenheit bewilligte Rodungen dieser Größenordung insgesamt nur ein geringes Flächenausmaß erreicht haben, geht fehlt. Gerade weil im bisherigen Rodungsverfahren kleinstflächige Rodungen für private Zwecke meist kein öffentliches Interesse nachweisen konnten, wurden diese nicht beantragt oder bewilligt. Mit einem sprunghaften Anstieg kleinflächiger Rodungen durch diese Regelung müsste jedenfalls gerechnet werden. Die ökologischen Folgen könnten verherend sein. Problematisch erscheint besonders, dass nach der sehr vagen Regelung anzeigenpflichtige Rodungen unter 500 m2 nur bei selbem Zweck auch zu summieren wären. Mit dieser unbestimmten Regelung wäre es möglich mehrere Flächen für unterschiedliche Zwecke direkt aneinandergrenzend zu roden und damit deutlich größere Flächen zu erzielen. Überdies ist völlig ungeklärt ob schmale Waldkulissen zwischen anzeigepflichtigen Rodungen ausreichen würden. Angesichts der problematischen und unbestimmten Regelung der anzeigepflichtigen Rodungen, den zu erwartenden negativen Auswirkungen und da die Forstbehörden die angemeldeten Rodungen weiterhin fachlich eingehend prüfen müssen, sind die dargelegten Reduktionen in der Verwaltung nicht vorstellbar.