Wienerwaldkonferenz / Netzwerk Wienerwald Naturschutzbund Niederösterreich und Wien BirdLife Österreich Alpenverein / Naturschutz Niederösterreich und Wien Überparteiliche Plattform SOS Lebensraum Süd Naturschutzverein Schöffel Global 2000 WWF Purkersdorf, im Oktober 2002 |
An den Landeshauptmann von Niederösterreich, Dr. Erwin Pröll
Protest
gegen die willkürliche Versetzung
des
Landesbediensteten Dr. Erhard Kraus,
Amt der
NÖ Landesregierung / Naturschutzabteilung
und die
damit verbundene Schwächung
des
Naturschutzes in Niederösterreich
Wir sehen uns veranlasst, unser großes Befremden über eine unverständliche Personalentscheidung im Bereich der Naturschutzabteilung des Amtes der NÖ Landesregierung zum Ausdruck zu bringen.
Nach
mehrfach gescheiterten Versuchen, eine offizielle Erklärung für
die Versetzung zu erreichen, sind nunmehr in dankenswerter Offenheit
die Gründe dargelegt worden:
Bei
der Natura 2000 Gebietsmeldung habe Dr. Erhard Kraus große
Probleme verursacht. 31 % der Landesfläche wurden nominiert. Es
hätte ihm an "Hausverstand" gemangelt, was möglich
sei und was nicht. Er sei sogar uneinsichtig gewesen, als man ihm die
Folgen der Gebietsausweisung vorhielt. In "nächtelanger"
Arbeit mussten Mitglieder der Landesregierung die Reduktion der
ausgewiesenen Gebiete auf 15 % der Landesfläche unter
Rücksichtnahme auf die Interessen der Grundstückeigentümer,
Bürgermeister und Interessensvertreter vornehmen. Er habe
unnötige Arbeit verursacht.
Die Natura 2000 Gebietsausweisung ist in der Flora- Fauna- Habitat- Richtlinie der Europäischen Union rechtsverbindlich vorgeschrieben. Es ist ein langer Katalog der Ausstattungsmerkmale und der verschiedenen Lebensräume und Arten festgelegt. Danach hat aus fachlicher Sicht die Gebietsausweisung zu erfolgen.
Es ist nicht richtlinienkonform, vom Naturschutzsachverständigen zu verlangen, die objektiven Daten an die Wünsche irgendwelcher, fachlich nicht qualifizierter Interessensvertreter anzupassen. Dr. Kraus würde sich dadurch über das in allen Behördenverfahren anzuwendende europäische Gemeinschaftsrecht hinwegsetzen. Eine Aufforderung dazu ist selbstverständlich rechtswidrig!
Dr.
Kraus, der mit seiner jahrzehntelangen engagierten Arbeit im Amt der
NÖ Landesregierung / Naturschutzabteilung bereits mehrfach
Auszeichnungen und Anerkennungen im In- und Ausland erhielt, wurde
Opfer eines beispiellosen Willküraktes. Darin kann nur die
gezielte Einschüchterung, auch aller anderen Sachverständigen
im Landesdienst, erblickt werden. Es sollte tatsächlich - so die
Aussage eines Vorgesetzten einer Delegation gegenüber - ganz
bewusst ein Exempel statuiert werden, um zu zeigen, was passiert,
wenn man sich bei der fachlichen Arbeit nicht "vorausschauend"
an die Vorgaben "von oben" hält, sondern objektiv und
unparteiisch vorgeht.
Er
wurde nicht nur versetzt, sondern wurden auch seine Bezüge
gekürzt. Diese Vorgangsweise ist eine absolut ungewöhnliche
Strafmaßnahme. Zu diesem Präzedenzfall können wir
nicht schweigen!
Der
Dienstposten in der Naturschutzabteilung der NÖ Landesregierung,
welcher unbestritten mit
Dr.
Erhard Kraus fachlich äußerst kompetent besetzt war, ist
bis heute vakant und kann wegen der seit langem bekannten,
unzureichenden Personalausstattung der Naturschutzabteilung im
niederösterreichischen Landesdienst nicht annähernd
gleichwertig nachbesetzt werden. Durch den Wegfall der Arbeitskraft
von Dr. Kraus können derzeit Aufgaben des Artenschutzes durch
die Naturschutzabteilung nur ungenügend wahrgenommen werden.
Auch bei einem anderen, in der Öffentlichkeit bekannten,
wichtigen Arbeitsgebiet von Dr. Kraus in der Naturschutzabteilung,
den EU-geförderten LIFE-Projekten, ergeben sich ähnliche
Probleme.
Wir fordern mit Nachdruck die sofortige Rehabilitierung des korrekten und engagierten Landesbediensteten und erwarten Vorschläge, in welcher geeigneten Form Dr. Erhard Kraus seine für die Naturschutzverbände und das Land Niederösterreich wertvolle und ambitionierte Naturschutztätigkeit fortsetzen kann.