
Das Horrorhaus des Stadtarztes
Liste Baum & Grüne Purkersdorf
Fäkalbrühe, Schimmel, gefährliche Leitungen, MieterInnennepp:
Stand 15.1.2005
Unglaubliche Zustände herrsch(t)en nicht irgendwo in einem Slum, nicht irgendwo in einem
Dorf, sondern in einem Haus mitten am Hauptplatz: Hauptplatz 2 – das Haus ist das Haus, in
dem das Obstgeschäft war. Von außen würde niemand so was vermuten. Schon seit längerem
hat es aber dort Probleme gegeben. Nun ist die Wohnsituation für 3 Mietparteien absolut
unerträglich geworden. Kinder sind Hauptbetroffene.
Seit Monaten durchzog ein magenumdrehender Gestank das Haus. Er stammte von einer im
Keller zentimeterhoch stehenden Fäkalbrühe angeblich infolge von Verstopfung.
Schon seit längerem bemühten sich die MieterInnen um ein Abstellen dieser
gesundheitsgefährdenden Umstände. Schreiben an die Hausverwaltung blieben nach
Aussagen der MieterInnen ohne Erfolg. In jeder der 3 Wohnungen wohnen auch Kleinkinder.
Ratten tummel(te)n sich im Keller. Rattengift lag für Kinder frei zugänglich herum. Mieter
entsorgen tote Ratten. Wenig gesicherte Stromleitungen sind im Stiegenhaus zu sehen, schon
seit über einem Jahr ist dort eine gefährliche Baustelle. Laut Darstellung einer Mutter wäre
beinahe - ein elfjähriges Kind vom einem rostigen Tor erschlagen worden. In der Wohnung
wuchert der Schimmel.
Vor etwa 6 Wochen wandte sich eine verzweifelte Mutter telefonisch an die BH und wollte
mit dem Amtsarzt verbunden werden. Ein Herr war schließlich zunächst aufgeschlossen, doch
als er den Namen des Eigentümers hörte, sei das Interesse plötzlich gesunken.
- Es handelte dabei entsprechend einer Nachfrage meinerseits um einen Beamten der
Zentralstelle in Klosterneuburg, und nicht um einen Bediensteten der BH-Außenstelle
Purkersdorf – diese sind als sehr bürgerInnenfreundlich bekannt.
Auf weitere Nachfrage meinerseits wies der Amtsarzt der BH-Klosterneuburg darauf hin, dass
es sich hier um eine „Angelegenheit Privater" handle und er nicht zuständig sei. Er meinte,
dass die Gemeinde als Baubehörde 1. Instanz zuständig sei, und eventuell wegen
Grundwassergefährdung – nicht etwa wegen der Gesundheitsbedrohung der Kinder -
eingreifen könne, und empfahl ein Gutachten – des Stadtarztes!
- Faktum ist, dass niemand Geringerer als der Stadtarzt von Purkersdorf Eigentümer des
Hauses ist.
- Faktum ist, dass der Eigentümer in dem Haus Gesamtbeträge über eine
Hausverwaltung kassiert, die durchaus angesichts der jetzigen Zustände ausbeuterisch
genannt werden können: z. B. für 75 m2 Schimmelwohnung 634 Euro. Geld für
Reparaturen dürfte dabei kein Problem sein.
- Faktum ist, dass ein Stadtarzt auch ausgerechnet für die Bekämpfung von Seuchen
zuständig ist.
Telefonisch dazu befragt, bestätigte der Stadtarzt, dass er und seine Frau Eigentümerin des
Hauses Hauptplatz 2 sind. Gleichzeitig meinte er, dass alle notwendigen Maßnahmen längst
eingeleitet seien und die Zeitung NÖN, die darüber schrieb, geklagt würde. Mir drohte er
ebenfalls eine Besitzstörungsklage an.
Die Hausverwaltung weist auf angebliche Probleme mit der Terminkoordination von
Handwerkern hin. Nach ihrer Darstellung würden die MieterInnen zu wenig lüften.
Bemerkenswert war der (offensichtlich kostengünstige) Lösungsplan für die Fäkalbrühe: Die
sollte „antrocknen" und werde dann so besser entfernt.
Jedenfalls erfolgten von der zuständigen Baubehörde war übrigens bis Redaktionsschluss
(Montag 24.1., 5 Tage nach der ersten Zeitungsveröffentlichung) keine Handlungen, die
sichtbar für die Betroffenen gewesen wären. Die Gemeinde hatte der Hausverwaltung eine
Ladung geschickt, allerdings zunächst nur mit Uhrzeit und OHNE Datum.
Liste Baum & Grüne boten den Betroffenen nach Möglichkeiten rechtliche und sonstige
Unterstützung an.
Liste Baum & Grüne forderten am 24.1, dass auch die Gemeinde als Baubehörde wegen
Gefahr in Verzug sofort aktiv wird. Denn:
- Bis zum Abschluss unserer Erhebungen am 24.1. hatten die Betroffenen von etwaigen
Maßnahmen der Gemeinde eben nichts gehört.
- Die Hausverwaltung hatte nach dem NÖN-Bericht eine „Ladung" bekommen,
allerdings zu ihrer Erheiterung ohne Tagesangabe, und bat mich die Gemeinde darauf
hinzuweisen.
- Von Seiten des Bauamtes hieß es, dass eine baurechtliche Verhandlung in etwa 2
Wochen stattfinden würde. Bis dahin wäre die Fäkalbrühe hoffentlich schon
vertrocknet und entsorgt gewesen.
- Der Stadtamtsdirektor wies auf den angeblich notwendigen Fristenlauf hin.
Nach der ersten Presseaussendung von LIB& Grüne war erfreulicherweise aber alles anders:
- Am Tag darauf meldete sich die Gemeinde bei Betroffenen und es fand sofort einen
Tag darauf eine Begehung an.
- Die Presseaussendung hatte offenbar den "Fristenlauf" enorm beschleunigt.
- Weiters war am nächsten Tag auch der bis dahin getrocknete Fäkalienschlamm
verwunden; die Brühe blieb aber vorläufig.
- Gleichzeitig wurde die rechtmäßig von einer Mieterin eingeleitete Kündigung aber
nicht anerkannt; d. h. dass offenbar eine Mieterin über die Kündigungsfrist hinaus für
eine Wohnung unter diesen Umständen zur Kasse gebeten werden soll!
Liste Baum & Grüne fordern von der Gemeinde:
- Die schwer betroffenen Wohnparteien sollen bei der Beschaffung von Wohnraum
unterstützt werden, da vor allem Kleinkindern ein Wohnen unter diesem Umständen
nicht zugemutet werden kann.
- Der Status des jetziges Stadtarztes ist von Gemeindeseite sofort einer Prüfung zu
unterziehen und ein frühestmöglicher Ausstieg aus dem Vertrag anzustreben (der
auch zu einer Pension berechtigt). Der Stadtarzt ist bekanntlich auch nicht mehr
Schularzt. Die Gemeinde hat dankenswerterweise unter Stadträtin Kaukal die Posten
der Schulärzte ausgeschrieben. Es kann wohl angesichts dieser Vorfälle zumindest
Befangenheit angenommen werden, wenn der Stadtarzt die Gemeinde bezüglich
Seuchengefahr durch Fäkalbrühe im Keller oder Schimmel in seinem Haus selbst
beraten würde; oder in anderen Häusern schimmel- und seuchenabwehrende
Maßnahmen vorschlagen sollte.
Dazu teilte der Stadtamtsdirektor mit, dass er verfügt habe, dass der Stadtarzt in diesem
Fall keinen Gutachterstatus habe, aber er sonst keinen Grund sehe, seinen Status als
Stadtarzt in Frage zu stellen.
Eine Konsequenz sei aber, dass der Bauamtdirektor mir gegenüber keine Auskünfte mehr
in dieser Sache erteilen dürfe.
Wir werden weiter berichten. Dies ist ein extremer Fall, wie ich ihn in Purkersdorf noch
nicht gesehen habe. Aber er zeigt auch auf, wie MieterInnen auch auf Grund der
Verschlechterung der Mietgesetze durch die Regierung heute behandelt werden können.
Dr. Josef Baum
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