Dringlichkeitsantrag der Liste Baum (Dr. Ingo Riß und KollegInnen) - GR-Sitzung vom 23.9.2002
Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Purkersdorf spricht sich gegen eine Verwendung von Steuergeldern für den Ankauf von Abfangjägern aus und fordert alle politischen Entscheidungsträger auf, von einem Ankauf Abstand zu nehmen.
Begründung:
Keine Verschleuderung von Milliarden in Zeiten der Sparbudgets!
Die Gesamtkosten des ursprünglich geplanten Kampfjet-Deals inklusive Betriebsaufwand würden sich nach Berechnungen der deutschen Luftwaffe (und des SPÖ-NR-Klubs) auf mehr als 5,8 Milliarden Euro belaufen. Eine reduzierte Stückzahl erfordert aufgrund gleicher Hangarausrüstung, Schulungs-kosten etc. immer noch einen überproportionalen Anteil dieser Mittel.
Gleichzeitig aber werden Sozialausgaben gekürzt, Lebensarbeitszeiten verlängert, Kleinpensionen kaum inflationsbereinigt, Unfallrenten besteuert, Studierende selbst zur Kasse gebeten, Selbstbehalte im Gesundheitswesen eingeführt und Tarife des öffentlichen Verkehrs drastisch angehoben.
Warum betrifft uns das als Gemeinde?
Der finanzielle Spielraum der Gemeinden, welchen zusehends die Regelung der "sozialen Details" überlassen bleibt, wird dabei immer enger. Maastrichtkriterien und Stabilitätspakt binden Bundes-, Länder- und Gemeindebudgets aneinander. Rüstungsmilliarden des Bundes müssen durch noch rigoroseres Sparen der Gemeinden (und anderer Körperschaften) hereingebracht werden. In Zeiten von Sparbudgets ist eine Milliardenausgabe für Kampfflugzeuge unverantwortlich.
Neutralität statt Eurofighter
Die Abfangjäger-Anschaffung wird oft begründet mit der Verpflichtung Österreichs zur Verteidigung der Neutralität "mit allen zu Gebote stehenden Mitteln". Dabei kann nicht übersehen werden, dass gerade die Abfangjäger-BefürworterInnen die schrittweise Demontage der Neutralität betreiben.
Bereits im Oktober 2001 erklärte Verteidigungsminister Herbert Scheibner, er habe seinen EU-Minister-Kollegen in Brüssel die geplanten, neuen Abfangjäger als Beitrag Österreichs für die Euro-Armee angekündigt.(1) Scheibner möchte die Abfangjäger "bei Kampfeinsätzen bei Operationen im Ausland einsetzen".(2)
Dass ein Einsatz im Ausland erfolgen soll, ist entsprechend naheliegend, denn sämtliche Analysen aus dem Heeresbereich gehen davon aus, dass Österreich nicht militärisch bedroht wird. So auch Generaltruppeninspektor Horst Pleiner: "Wir sehen uns jetzt eher als Instrument der Außenpolitik und weniger als Teil einer rein österreichischen Verteidigungspolitik, weil eine unmittelbare konventionelle Bedrohung Österreichs nicht gegeben ist".(3)
So ist es kein Zufall, dass die Entscheidung der Bundesregierung auf den Eurofighter fiel. Aus dem Verteidigungsministerium: "Der Eurofighter [ist] am besten für internationale Einsätze im europäischen Verbund geeignet".(4) Georg Mader von der internationalen militärischen Fachzeitschrift "Jane´s Defence": "Für Österreich bedeutet der Flugzeugtyp eine klare Richtungsentscheidung: Man will die europäische Sicherheitsintegration ohne Wenn und Aber".(5) Und dafür "wären Flugzeuge jedenfalls kaum geeignet, die in Ausrüstung, Wartung und Flugdauer auf die Bedingungen eines sehr kleinen Landes zugeschnitten sind".(6)
"Verteidigung
des österreichischen Luftraumes" - oder Bodenkrieg
in der Ferne?
Auf
der Eurofighter-Homepage heißt es: "Für den
Einsatz gegen Bodenziele kann der Eurofighter auf ein weites Spektrum
an Waffen zurückgreifen".(7) Es "sind
Zielbekämpfungen über große Distanzen möglich,
ohne sich selbst in den Bereich gegnerischer Waffenwirksamkeit
begeben zu müssen".(8) Besonders hervorgehoben wird
die Reichweite des Eurofighters. Durch externe Treibstoff-Zusatztanks
kann er sich mehr als drei Stunden oder über eine Strecke von
2.800 Kilometern in der Luft halten.(9) Dementsprechend heißt
es auch in den Schlussfolgerungen eines internen FPÖ-Strategiepapiers
zum Eurofighter: "Das Flugzeug ist eindeutig ein schweres
Mehrkampfflugzeug mit der Fähigkeit, große Bombenlasten
für Luft-Boden-Missionen über lange Strecken zu
transportieren".(10)
Die Eurofighter sind für die Teilnahme Österreichs an der Euro-Armee vorgesehen. Die Teilnahme an internationalen Einsätzen - auch im Rahmen der Euro-Armee - wäre aber neutralitätswidrig (Art I Abs 2 Neutralitäts-Verfassungsgesetz, BGBl 1955/211).
Anmerkungen:
(1)
Der Standard, 13./14.10.2001
(2) APA OTS (Profil), 13.7.2002
(3)
ORF ON, 4.8.2002, Profil 32/2002, ähnl. auch NÖN
23/2002
(4) Presse- und Informationsdienst des BM für
Landesverteidigung,
www.bmlv.gv.at/abfangjaeger/goodies/beschaffung_chronologie.pdf,
2.7.2002
(5) Profil 28/2002
(6) Profil 26/2002
(7)
www.eurofighter.at
(8) ebd.
(9) Profil 28/2002
(10) Format
28/2002