Bericht aus dem Gemeinderat am 2.12.2009
Der Finanzausschuss hat diesmal dem Gemeinderat den Nachtragsvoranschlag nicht empfohlen, weil er dort keine Mehrheit fand. Diese Korrektur einer schlechten Planung einfach durchzuwinken wäre für zu viele Gemeinderäte eine Zumutung gewesen. Schon seit Frühjahr hat sich angekündigt, dass den im letzten Herbst beschlossenen Zahlen Hand und Fuß und Kopf fehlen. Genau so beliebig wie die Stadtführung Zahlen hingeschrieben hat, hat sie auch Geld ausgegeben.
Damit sich trotz dieses Planungsdebakels noch ein Budgetabschluss ausging, kam wieder ein Vermögensposten der Stadt unter den Hammer: der letzte Kindergarten im Gemeindebesitz wurde verkauft, jener am Speichberg. Doch was verkaufen wir nächstes Jahr, wenn wir die Finanzplaner so sorglos weiter werken lassen?
Seit Frühjahr hat sich ein Entgleiten des Budgets angekündigt. Die Gemeinderäte erfahren davon im Dezember, weil sie jetzt gebraucht werden, die freihändige Geldpolitik nachträglich zu legitimieren. Immerhin hat der Bürgermeister für unsere Kritik an dieser Nicht-Information Verständnis gezeigt.
Dank der Unterwürfigkeit der Mandatare der Liste Schlögl & SPÖ ist der Nachtragsvoranschlag 2009 mit absoluter Mehrheit durchgewunken worden.
Auch für den Voranschlag 2010 gab es im Finanzausschuss keine Mehrheit. Dieser Voranschlag ist ein Manifest der Bequemlichkeit. Die Zahlen von 2009 wurden weitgehend fortgeschrieben. Aber mit jedem Verkauf eines Kindergartens entstehen fortlaufende Mietkosten. Das und enorme Haftungen sind der Preis für das Auslagern der Schulden in die WIPUR.
Wenn die laufenden Kosten (inkl. Zinszahlungen) ausufern, engt sich der Handlungsspielraum einer Gemeinde ein. Investitionen werden aus dem außerordentlichen Haushalt (ao.HH) bedient. Im Jahr 2010 schrumpft der ao.HH bereits auf bedenkliche 10% des gesamten Haushalts. Ein Radweg entlang des westlichen Wientals kann sich da nicht mehr ausgehen. Mietausgaben, Leasingraten, Zinszahlungen, Ausgaben für Open Airs und andere bürgermeisterliche Repräsentationskosten, erhöhte Funktionsbezüge, usw., machen zusammen mehr aus, als die Gemeinde kommendes Jahr im ao.HH ausgeben will.
Von den 1,6 Mio. ao.HH soll die Hälfte mittels Kredit und weitere 180.000 aus den Erlösen von Grundverkauf finanziert werden. Nur weiß noch niemand, welchen Grund veräußern. Man braucht ja auch Käufer - und einen neuen willigen Gemeinderat, der beim Ausverkauf mitspielt.
Im Rahmen der „Landeseinschau“ haben vergangenen Sommer Landesbeamte das Purkersdorfer Budget stichprobenartig überprüft. Im abschließenden Prüfbericht (s. Purkersdorfer Informationen 05/2009) haben die Landesbeamten nicht nur auf eklatante Fehlentwicklungen hingewiesen, sie haben auch unseren Finanzpolitikern schriftlich wieder einmal erklärt, was in das ao. Budget gehört: Ausgaben, „... die der Art nach nur vereinzelt vorkommen oder der Höhe nach den normalen wirtschaftlichen Rahmen der Gemeinde erheblich überschreiten und (...) durch ao. Einnahmen gedeckt werden.“ Dennoch findet sich die Subvention für das Jugendzentrum Agathon wieder im ao. Budget. Mit der Lernfähigkeit schauts auch nicht zum besten aus.
Pflichtgemäß haben die Mandatare der Bürgermeisterpartei für diesen Voranschlag gestimmt, sonst niemand. 18 Mio. beträgt der o.HH, 1,8 Mio. der ao.HH. Der Schuldenstand der Gemeinde bleibt bei 24,5 Mio. Die Haftungen für die in die WIPUR ausgelagerten Kredite bewegen sich mittlerweile bei gut 12 Mio. Euro (inkl. die neue Haftungen für Kaufkosten Kindergarten). Doch die dort geparkten Schulden und deren Bewirtschaftung entziehen sich einer Überprüfung von Gemeindeorganen.
Kommunen haben auch einen mittelfristigen Finanzplan zu erstellen, einen Vierjahresplan der Stadtgemeinde. Als Planungsinstrument taugt dieser nur, wenn darin auch die kommenden größeren Investitionen abgebildet sind und relevanten Entwicklungstrends Rechnung getragen wird.
Das dem Gemeinderat zum Beschluss vorgelegt Papier ist eine lästig Pflichtübung. Da werden die beliebigen Annahmen von 2010 einfach fortgeschrieben – in der Hoffnung, dass Kredite weiterhin so günstig blieben. Und weil sich die Zukunft nicht nach den beschlossenen Zahlen im Purkersdorfer Gemeinderat richtet, war dieses Papier schon belanglos, als es beschlossen wurde. So gesehen war diese Papier nicht einmal unsere Gegenstimme wert, wir enthielten uns. Beschlossen hat den sog. „mittelfristige Finanzplan“ nur die loyale Gefolgschaft des Bürgermeisters.
Christian Schlagitweit