Frage: Zuerst allgemein, ist die Wohnbauförderung (WBF) allgemein noch zeitgemäß?
Mächtige Wirtschaftskreise wollen sie am liebsten streichen?
Martin Treberspurg: Vertreter der grossen Industrie wollen sie abschaffen. Die WBF ist aber sehr wichtig
und lebensnotwendig für die vielen kleinen und mittleren Betriebe der Bauwirtschaft. Ohne
Förderung könnten sich viele Österreicher keine Verbesserung ihrer Wohnverhältnisse leisten.
Die Vergabekriterien müssen natürlich gerecht und sozial- und finanzpolitisch sinnvoll sein.
Was kann die WBF zu umweltverträglichen Planen und Bauen beitragen?
Erstens: WBF soll nur zugeteilt werden, wenn bestimmte maximale
Energieverbrauchs- Kennzahlen nachgewiesen werden. Die heute schon möglichen niedrigen
Verbrauchskennzahlen müssen erreicht werden.
Zweitens: Die WBF soll der Zersiedelung
entgegenwirken. Statt Förderung nach dem Gießkannenprinzip (viele Einfamilienhäuser)
muss den gemeinschaftlichen Wohnbauten der Vorzug gegeben werden.
In Niederösterreich gibt es seit 1. Jänner 2004 neue Regelungen. Wie sind sie unter
den genannten Gesichtspunkten zu beurteilen?
Positiv, weil damit relativ niedrige Energiekennwerte streng vorgeschrieben werden.
Niederösterreich ist damit Vorreiter. Ein gefördertes Objekt darf nicht mehr als 50 KWh pro
Quadratmeter und Jahr für Heizzwecke benötigen. Zusätzlich gibt es eine attraktive
Sonderförderung für sog. Passivhäuser mit einem Verbrauch von maximal 15 KWh/m2/Jahr.
Die positiven Wirkungen liegen auf der Hand: Reduktion des CO2 –Ausstoßes, Verschiebung
zu einheimischer (Bau)Wertschöpfung statt Brennstoff-Imports, insgesamt niedrigerer
Ressourcen-Verbrauch.
Negativ sehe ich, dass in den Neuregelungen nichts gegen die Zersiedelung unternommen
wird. Niederösterreich hat von allen Bundesländern die größte Zahl von Einfamilienhäusern,
den höchsten Treibstoff-Verbrauch pro Kopf. Für die Gemeinden schlägt sich die
Zersiedelung in zu hohen Aufschließungskosten nieder. Und den Finanzen der meisten
Gemeinden geht es nicht gut.
Wie ist das Wirken der Bauträger in NÖ zu beurteilen?
Leider insgesamt nicht positiv. Die neue WBF wurde durch sie 2 Jahre verzögert. Und
es war auffallend, wie viele Projekte noch schnell vor dem Stichtag des neuen Gesetzes
eingereicht wurden. Es fehlt an gesellschaftlicher Verantwortung. Man kann von einem
veritablen Bauträgersumpf sprechen. Während in Wien sich die Bauträger mit ihren Projekten
einem Wettbewerb stellen müssen, um Förderung zu bekommen, funktioniert die Vergabe in
NÖ eher nach dem Proporz.
Energiekennzahl: Schlüssel zum Geld | |
Je niedriger die Energiekennzahl, desto mehr Geld gibt es vom Land. Die Förderungshöhe ist gestaffelt. |
|
von 50 bis 41 kWh/m2.a | 14.600 Euro |
von 40 bis 31 kWh/m2.a | 18.200 Euro |
von 30 bis 26 kWh/m2.a | 21.900 Euro |
von 25 bis 21 kWh/m2.a | 25.500 Euro |
von 20 bis 16 kWh/m2.a | 29.100 Euro |
bis zu 15 kWh/m2.a | 36.400 Euro |
Architekt Treberspurg gehört zu den Pionieren ökologischen Bauens in Österreich. Den Purkersdorfern ist er durch die seit den frühen 80iger Jahren von ihm (in Kooperation mit….) geplanten und realisierten „Wohndörfer" bekannt ( Wintergasse 1 und 2, Sagberg, …). Ihm geht es um eine ökologisch und sozial vertretbare Bauweise.
Seit 1988 wohnt Martin Treberspurg mit seiner Familie in Purkersdorf, in der Wintergasse in einem „seiner" Wohnprojekte.