Als Erntehelferin war ich schon in Südtirol tätig gewesen, bei der Heuarbeit im August. Nun wollte ich auf einem Bauernhof werken.
„Wwoofen“ ist schon zu einem Begriff geworden bei denjenigen, die Alternativformen an Urlaub bzw. Freizeitgestaltung erleben oder längere Zeit mit der Natur beschäftigt sein möchten.
„We are Welcome On Organic Farms“ bedeutet die Abkürzung, welche weltweites Arbeiten auf Bauernhöfen, Tierfarmen und bei Pflanzenzüchtungen ermöglicht.
Eine Ideologie steht dahinter, aber auch das Leben zusammen mit Tieren und Natur.
So entschied ich mich wieder im August für einen Bergbauernhof im Salzburger Land, 1.000 m hoch, mit Gästezimmern.
Das liebe Vieh, die Lage sowie ein eigenes Zimmer waren entscheidend für meine Auswahl.
Im „Angebotsheftchen“ war auch ein Bild der Familie zu sehen. Bauer, Bäurin und ein Mädel.
Als ich um 12.30 h in der Küche ankam, war Maria gerade beim Apfelstrudelbacken mit den 5 Gästekindern aus Belgien und ich hatte ein großes Loch im Bauch.
„Ah, Du bist die Susanne, ja, gelt, Du hüfst uns jetz da und an Hunger hast natürlich a, geh, mach´ da gschwind was!“ Und so werkte ich schon 3 min später in einer mir fremden Kochumgebung. Kaum fertig, entdeckte mich Franz, der Bauer und lud mich zum Heuen am Feld oberhalb des Hofes ein. Schnell fragte ich nach meinem Zimmer und zog mich um.
Das Wetter war herrlich und ich fühlte mich wieder wie in Südtirol auf der Hochalm beim Heumachen.
Als das Heu gerecht war, gabs ne Jause. Dann richtig Auspacken im Super Gästezimmer mit schreiender Fledermaus vor der Tür, so dachte ich; nach einer Woche kam ich drauf, dass es lediglich der stehen gebliebene Bewegungsmelder war.
Als ich wieder vors Haus trat, saß ein junger Mann mit Heidelbeeren vorm Haus. „Servas, kimm, hüf ma do beim Moosbierklauben“. Und schon gabs eine Arbeitsteilung.
Zaundürr war er und er schien sich hier aus zu kennen.
„Tanzt du Salsa?“ war eine der nächsten Fragen. „Da gaberts heit so a Salsaparty om beim Gletscher, magst geh?“ Das brauchte er mir nicht 2 mal zu sagen. Es klar, ich komm auf den Bauernhof mitten im Gebirge, um gleich am 1. Abend Salsa zu tanzen.
Es war Karl, einer der Bauernsöhne.
Die Wegstrecke von 20 km zum Tanzabend nützte Maria, um uns mit einem Laufentenkauf ein zu decken. Also besuchten wir ebendort das ehemalige Karl-Lama, das wenig Notiz von ihm nahm und erstanden daraufhin 3 Entlein in einem Karton, welche auf meiner Autorückbank Platz nahmen und während des 3 Stunden dauernden Tanzens einen wohltuenden Odeur verbreiteten.
Die Familie vergrößerte sich in meinen Augen täglich um 1 – 2 Töchter, welche alle die Mutter in Beschlag nahmen, sodass ich still meine Arbeiten verrichtete. Einmal stand ein Cabrio vorm Haus.
Am Regentag gabs Wäsche zum Bügeln, an den Sonnentagen Ribisel zum Brocken und täglich die Hasen zu füttern. Am Besten war das Moosbierbrockn im Wald mit Karl. Mit Kübeln und Beerenrechen brachen wir um 9 h auf, fuhren mit einer Jause in den Wald, um erst um 17.30 h müde wieder heim zu kehren. Beim 2. Ausflug kam die Frage von Altbauer Franz, ob des wirklich so dringend sei?
Karl und ich saßen mittags auf einem Baumstumpf, von dem aus wir die Mountainbiker und das halbe Tal überblickten und jodelten den gegenüberliegenden Steinberg an. Einer der Jodler war „D´ lustige Bäurin“. Kitschiger gings nicht. Aber mit Karl konnte man wenigstens jodeln. Die Zeit war dann keine. - Geduld brauchst du beim Brocken und Achtung vor den Wespen, sonst fliegen sie dir in die langen Hosen wie dem obergscheiten Cabriofahrer, dem Herrmann. Grennt is er dann und gschrien hat er wie am Spieß. Aber wer net hörn will…
Vor Mitternacht kam ich nie ins Bett und war erst um 9 h mit dem Frühstück fertig, aber das wurde goutiert.
Über Arbeitszeiten wurde nie gesprochen. Ich war autark – ich hatte im Heftchen gelesen, dass die tägliche Zeit ca. 8 Stunden betragen sollte und 1 Tag pro Woche frei ist.
Also verkündete ich, dass ich am Sonntag nicht da sei, weil in München. Samstag Abend führe ich um 18 h weg – tatsächlich jätete ich bis 17.50 h die Tomaten.
Jeden Abend gabs einen anderen Ausgang: ich sagte Karl was er anziehen könne, als er Hemden suchte – schließlich hatte ich sie gebügelt; mal gings zum Heimatabend im Dorf mit unseren 2 kleinen niedlichen Appenzellern, um sie möglichen Käufern schmackhaft zu machen. Mit 1 Leine lassen sich 2 Welpen schwer führen und so musste ich einen einfangen, als grad im Festssaal Goaßlschnalzn angesagt war und meine Brille mich davor bewahrte, eine ärgere Schramme am Auge zu erhalten.
Franz nützte die Gelegenheit um vor den Urlaubsgästen Edelweiß zu schnitzen und zu verkaufen. Eins steht auf meinem Fensterbrett in Wien.
Oder anderntags zum Bauerntheater. Auf den Sessellehnen in der letzten Reihe saßen wir, Karl, Franz und ich, urcool, und lauschten.
Ich glaube, er mochte mich, der wortkarge Franz.
Dann war Tischtennisspielen in der „Stadtwohnung“ von Karl angesagt, der einem verbeamteten Beruf nachging und nach Dienstschluss täglich auf den Hof zur Mithilfe kam. Er war Solist, hatte eine Weltreise hinter und einige Damen neben sich, welche durch emotionale Verstrickungen sein Leben aufschaukelten.
Und außerdem gabs in seinem Kopf die anstehende Entscheidung wegen dem Hof. Soll er den Job sausen lassen, zu den Eltern ziehen und die Chance der Übergabe real werden lassen? Oder war die Freiheit wichtiger – die Eltern wollen eh net weitergeben, sie würden immer dreinreden, ebenso bei einer möglichen Frau.
Maria fragte mich des öfteren nach meiner Meinung zu dieser schwierigen Situation. Obwohl ich als Städterin mit solch einer Sache nie zu tun hatte, versuchte ich mich ein zu fühlen und wurde auch ernst genommen.
Maria überlegt mit Franz weg zu ziehen aufs Nachbargrundstück, dort ein kleines Häuschen zu beziehen und das Leben zu genießen. Aber ihr Mann will davon gar nichts wissen.
Sie sehnt sich nach Zärtlichkeit, bietet sich ihm immer wieder an und er streckt nicht mal den Finger aus. 6 Kinder haben sie aber keine gefühlte Liebe. Es war eine Heirat aus wirtschaftlichen Gründen. Sie Dienstmädchen, er Hofbesitzer. Sie gefiel ihm. Jetzt hat jeder sein Zimmer.
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Im November drauf sahen wir uns wieder, als Urlaubsgäste, in der Ferienwohnung, die ich damals geputzt hatte.
Zuerst dachte ich, es sei niemand da, da Susi, die Hofhündin, nicht anschlug.
Doch die lag seelenruhig bei den andern in der Küche und erwartete mein Erscheinen als für sie vertraute Person! In den nächsten Tagen saß sie immer schon vor uns im Auto, wenn wir zum Wandern aufbrachen.
Ich gab den Kühen, die in den Stall zurück gekehrt waren von der Alm, ihr Heu, während mein Mann mit Karl in der Küche fürs Abendessen werkte.
Dann mussten wir um 20 h „noch schnell“ die Hasen in den anderen Käfig setzen – nur gut, dass einer davon weiß und im Finstern zu sehen war. Eine Laufente war noch übrig, welche wir fütterten. Die anderen hatte der Fuchs geholt.
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Als ich heuer, 2 Jahre später, auf der anderen Seite des Gebirges urlaubte, kannte der Almpächter, Besitzer zweier Appenzeller Hündinnen, den Appenzeller-Züchter jenseits des Berges: „Jo, zu dem muaß i eh wieda geh zum Deckn damit ma koa Inzucht hom!“
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Die Anmeldung für Wwoof erfolgt mittels Einzahlung eines administrativen Beitrags auf das Wwoof-Konto, ( www.wwoof.at ) dann erhält man eine Österreichische bzw. ausländische Broschüre, je nach dem, welche man gewählt hat, zugesandt. Daraus kann man einen Hof wählen, stellt selbst den Kontakt her, Kost und Logis sind frei; wobei die Unterkunftsmöglichkeiten von Gemeinschaftsschlafräumen über Wohnwägen bis Einzelzimmer reichen. Die Anreise muss man auch selbst organisieren.
Susanne Wallner