Purkersdorf Online

Wienfluss - geographische Grundlagen


Naturräumliche – geographische Grundlagen

Dr. Christian Matzka erzählt:

Das, was wir jetzt ein bisschen anschauen wollen, ist quasi der Naturraum, der Ursprung des Ganzen, wo leben wir denn überhaupt?

Der Ursprung ist am Kaiserbrunnberg, am Kaiserbrünndl, vielleicht kennen Sie es, oberhalb von Rekawinkel.
Wir sind in der Flyschzone, wir sind in den Alpen, auch das ist oft nicht so bekannt, Purkersdorf liegt in den Alpen!
Das glauben die Menschen in Tirol zwar nicht, wenn Sie das dort einmal erzählen, die lassen sie Sie einliefern in die Psychiatrie.
Wir leben in der Flyschzone, in der Sandsteinzone, das ist so wie der Bregenzer Wald.

Also wir haben hier einen alpinen Raum mit Hängen, die relativ steil sind, mit bis zu 20-30 Grad Hangneigung, denken Sie an den Schöffelstein, da ist einmal ein Schwammelsucher abgestürzt und war tot.

Man kann auch im Wienerwald abstürzen und sich sehr verletzen. Also wir sind in den Alpen. Das Wichtige ist, dass der Flysch relativ wasserunterlässig ist und dass die Oberfläche direkt sofort entwässert wird.
Da habe ich eine Rechnung angestellt, einstens als Student,es sind fast 40%, die sofort wegrinnen. Ein Teil verdunstet, ein Teil geht in die Oberfläche hinein, Sie wissen, da ist Lehm in dem Boden, der sich dann ansauft und schwer wird und dann rutscht alles weg, wir kennen die Hangrutschungen. Das heißt, wir sind in einer Gegend, wo sofort der Bach anschwillt, wenn es regnet.

Die meisten werden es kennen, das Kaiserbrünndl, wo angeblich der Wienfluss entspringt. Die Sissi ist ja überall rummarschiert, das muss fürchterlich gewesen sein für ihre Hofdamen, die acht- bis zehnstündigen Märsche durch den Wienerwald. Dann hat's an Durst gehabt und ist bei ihrer Quelle gesessen. Ich kann mich erinnern, in der Pfalzau, das Gasthaus Hartner, das gibt's heute nicht mehr, da gab es ein Glas, worauf stand, aus dem hat die Sissi getrunken. Wahrscheinlich wurde es nicht mehr abgewaschen seit damals, aber ich weiß nicht, wo das Glas hingekommen ist. Aber sie war da ständig unterwegs. In Purkersdorf gibt es lustigerweise nichts, ich kenne da gar nichts.

Hier sehen wir eine Karte aus 1669 von Georg Matthäus Vischer. Der nennt sie die Dirre Wien. Dürre Wien heißt sie ja bis heute. Also da kann nicht viel Wasser drin gewesen sein. Und der andere Quellfluss wird hier die Grotte Wien genannt. Kalte Wien oder Große Wien wird sie auch genannt. Ich hab in der Volksschule gelernt, die fette Wien. Spannend finde ist, wenn Sie sich heute Landkarten anschauen, dann mündet diese grobe, große, kalte, irgendwo reißende oder sonstwie Wien in den Pfalzaubach. Dann heißt es auf der Landkarte Pfalzaubach. Und der Pfalzaubach kommt dann zusammen mit der Dürren Wien und dann heißt es Wien. Also warum die andere Wien nicht gleich zur Wien wird und dann mit der anderen Wien zusammen kommt, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber ich gehe davon aus, dass Kartografen - die haben das ja früher händisch gemacht und haben zuerst in der Gegend verschiedene Leute gefragt, wie heisst das da, und dann hat jemand was erzählt und so kommt das oft in die Karten hinein, weil das war vor der Computerzeit, vielleicht ist da irgendwas passiert, weil logisch ist es nicht. Aber vielleicht können wir das dann noch klarlegen, dann vielleicht finden wir einen interessierten Kartographen von Freitag und Berndt, der uns erzählen kann, was sie da angestellt haben.

Ja, das ist auch etwas, das Bild mit der ältesten Ansicht von Burchkardtsdorf. Und das gibt es schon seit 1672. Und da seht Ihr, wie wichtig der Wien-Fluss ist. Das ist dort drauf geschrieben: „Wienner Waldt, darin die Wienn entspringt“. Das ist anscheinend ein Kennzeichen für den Wienerwald. Es schaut fast so aus wie heute, die Kirche gibt es noch. Das Schloss noch mit Turm, der ist abgebrannt. Dann die Kellerwiese noch ohne Spielplatz. Die Häuser haben ein bisschen der modernen Architektur weichen müssen. Da ist noch wenig Beton. Aber im Prinzip, man kann sich vorstellen, es schau nicht viel anders als heute aus. Ein bisschen so, nicht? Der Schöffelstein, der Winter- oder Speichberg, also irgendwie von der Wintergasse aus gesehen. Im Museum hat mich noch jemanden gefragt, ob es eine alte Ansicht vom Schloss gibt. Sie brauchen ein Foto aus den Mittelalter. Dann kann man nur sagen, ich kann es leider nicht finden. Sie sehen also, die Heimatforschung ist eine ganz witzige Geschichte.

Ein interessantes Bild – das war im Jahr 1997. Man sieht sehr gut, wie sich die Oberfläche plötzlich in einen reißenden Fluss verwandelt. Wenn man heute durch den Wald spaziert, kann man sich das kaum vorstellen. Damals, 1997, kamen die Wassermassen aus dem Wald, aus den sogenannten Tobeln, und dort drüben kann man das noch gut erkennen. Überall rinnt das Wasser herunter. Die ganze Deutschwaldstraße wird dann bei Starkregen zu einem Bach. Immer wenn es stark regnet, kann so etwas passieren. Der gesamte Wienerwald verwandelt sich dann in ein großes Gewässer. Das liegt auch an der Oberflächenentwässerung und dem lehmigen Boden – dadurch werden viele Schwebstoffe mitgerissen. Sobald ein Gewitter kommt, wird der Fluss braun. Das kann man gut beobachten. Es wird sehr viel Material mitgeführt. Es gibt sogar Aufnahmen aus den 1920er Jahren, die zeigen, dass man bei der Urania, also an der Mündung des Wienflusses, regelmäßig ausbaggern musste, weil der Fluss so viel Sediment mitbrachte, dass alles zu verlanden begann.

Unter dem Titel "Zeitreise Wienfluss" startete die Volkshochschule Purkersdorf am 22. Mai 2025 die erste Veranstaltung einer neuen Veranstaltungsreihe. Bei dieser wurden durch den Vortragenden, Prof. Dr. Christian Matzka eine Vielzahl von Aspekten über den Wienfluss in Purkersdorf beleuchtet.


AnfangZum Anfang der Seite
Letzte Änderung: 2025-06-16 - Stichwort - Sitemap