Re: Schulnoten-Meinungsbild
Liebe Gabi, es freut mich außerordentlich, dich zu einen Beitrag animiert zu haben.
Es gäbe darauf sehr viel zu sagen. In aller Kürze: In unserer Gesellschaft wird Leistung verlangt. So weit, so schlecht. Aber was unter Leistung und Leistungsfähigkeit zu verstehen ist, ändert sich rasch. Die Leistungen, die in der Schule und durch Noten forciert werden, entsprechen dem Idealbild des freien Konkurrenzkapitalismus und nehmen an Bedeutung ab. Teamfähigkeit, Kommunikationsfreude, soziales Gspür, Selbstbewußtsein, die Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen, Kritikfähigkeit, Kreativität und Lernbereitschaft sind heute bei weitem wichtigere Voraussetzung für Leistungen als Detailwissen, Bravsein, sich unterordnen können und was man sonst noch so an herkömmlichen Schulen lernt.
Du hast recht, es gibt Alternativschulen. Es läuft aber was verkehrt, wenn vor allem die Alternativschulen den heutigen Anforderungen gerecht werden, und die Regelschulen einem Menschenbild von Gestern huldigen.
Wenn es Noten gibt, werden Kinder die gute Noten haben, wie du schreibst, »sehr stolz« sein. Und die, die nicht so gute Noten haben? Die sind folgerichtig entmutigt.
Dass viele Kinder Druck benötigen um eine Leistung zu bringen: Ich glaube, da liegst du ganz verkehrt: Wenn sie diesen Druck benötigen, um sich die grundlegendsten Kulturtechniken anzueignen, dann müssen sie vorher schon entmutigt worden sein. Durch Noten zum Beispiel. Wissen zu erwerben ist in der Regel ein Vergnügen, selbst wenn es manchmal anstrengend ist. Steht die Anstrengung im Vordergrund, wird nicht viel hängen bleiben.
Noch ein ganz Grundlegender Aspekt: Wie bereitet man sich am besten auf kommende Aufgaben vor? Sind Kinder für einen Konkurrenzkampf in einer Leistungsgesellschaft (Wenn man das schon so in den Mittelpunkt stellen möchte) am besten gerüstet, wenn sie dieses Verhalten möglichst von klein auf trainieren? Muß eine Raupe trainieren, sich wie ein Schmetterling zu verhalten? Ich denke jedes Alter hat andere Zugänge zum Aneignen der Welt, und die Menschen werden sich am besten (eigentlich gefällt mir dieses wertende Wort in diesem Zusammenhang nicht) entwickeln, die immer ihrem Alter entsprechend Möglichkeiten zur Entfaltung gefunden haben. Die letzen zwei Schuljahre kann man ja, meinetwegen, ein »Leistungstraining«, wenns sein muß, mit irgendwelchen Beurteilungen, machen. Es müssen ja nicht gerade diese simplifizierenden Noten sein.
Mit lieben Grüßen Karl