Re: Schulnoten-Meinungsbild

Mir sind insbesondere

Problemlösungskompetenz und selbständiges Arbeiten wichtig,

Was Noten zu diesen sicher wichtigen Fähigkeiten beitragen können, vermag ich nicht wahrzunehmen.
und da muß man gelernt haben, sich durchzusetzen

und die Leistung (auch mit zusammengebissenen Zähnen) zu

erbringen.
Ich erlaube mir, unseriöserweise eine persönliche Anmerkung: Obwohl mir die Schule insgesamt eine Plage war, habe ich es vermeiden können, jemals eine Leistung mit zusammengebissenen Zähnen zu erbringen, und ich bereue keine Minute, in der ich mich nicht geplagt habe. Ich habe dafür auch keine guten Noten bekommen, und obwohl ich nur in die Hauptschule gegangen bin, half mir nur die Einsicht einer Lehrerin, »daß es vielleicht für einen Künstler nicht soo wichtig ist,. Französisch zu können« keinen »leistungsgerechten« Fünfer im Abschlußzeugnis zu bekommen. Diese ungerechte gute Note hat mich nicht entmutigt. Wäre sie gerecht gewesen, hätte die Lehrerin damit alles ihr Mögliche beigetragen, mir eine Karriere als Dauersozialhilfeempfänger zu ermöglichen.
Als ich 12 Jahre alt war, waren die Beatles modern, und ich lies mir die Haare wachsen. Ein Skandal zu dieser Zeit. Vorladungen zum Direktor, Strafarbeiten, Briefe an die Mutter usw. Meine Mutter war eine kluge Frau, und hat mich nicht zum Friseur geschickt, sondern gesagt, das müsse ich mir selbst mit der Schule ausmachen. Ich habe nicht aufgegeben und solange argumentiert und mir die Solidarität von Mitschülern gesichert, bis die Schule nachgegeben hat. Mehr als durch diese Auseinandersetzung habe ich nie und nirgends in den verschiedenen Schulen, die ich besuchte, gelernt. Für dieses Lernen haben Noten keine Rolle gespielt.
Die Inhalte, die ich für Noten gelernt habe, habe ich zu 80% vergessen, und einiges von dem was hängen geblieben ist hängt unnötig in den Ganglien herum, wie Schlacke i n den Därmen. Mindestens 80 % von dem, was ich weiß, habe ich nicht in der Schule gelernt.
Ich habe noch keinen Erwachsenen getroffen, der - wenn ers nicht in seinem Beruf braucht, und das ist selten - Wurzelziehen kann, und niemand ist das je abgegangen. Hat derselbe Erwachsene aber mit 13 Jahren gerade an den Tag, wo die Mathe-Schularbeit war, das nicht gewußt, kann es entscheidend für sein Zeugnis gewesen sein, und damit womöglich für sein ganzes späteres Leben. Oder anders gesagt: Wurzelziehen ist nicht dazu da, um im Leben etwas wichtiges zu lernen, sondern um Kinder für den kapitalistischen Verwertungsprozess vorzusortieren.
Die Schule ist nicht kindgerecht, und Notengebung ist nicht kindgerecht. Sie entsprechen Möglicherweise den Bedürfnissen von Teilen der »Wirtschaft« Hier wie anderswo geht es darum, die Widersprüche zwischen den Interessen der »Wirtschaft« und den eigenen aufzuspüren und Handelsspielräume zu nutzen. Keine Noten verbessern nicht die Welt, aber sie würden einen anderen, partnerschaftlicheren Unterricht verlangen. Es wäre vielleicht ein Beitrag, die Schule nicht so übertrieben wichtig zu nehmen.