|
Re: wahl & purkersdorf
Lieber Herr Michl!
Bin ganz auf Ihrer Seite, wenn Sie sich wünschen, dass konstruktiv
gearbeitet werden soll - denn alles andere schadet unserer
geliebten
Heimat. Es muss einzig und allein darum gehen, die Zukunft unseres
Landes zu sichern. Es darf einfach nicht passieren, dass uns unsere
Kinder und Kindeskinder eines Tages fragen: wie konntet Ihr es nur
zulassen, dass Ihr Euch ein schönes Leben auf unsere Kosten gemacht
habt, dass Ihr auf Schulden, für die wir nun büßen müssen,
alles auf
Staatskosten finanziert habt, um Eure Wählerstimmen zu bekommen?
Betreffend Hürden: sorry, wenn ich mich falsch ausgedrückt
habe: Nicht
die Vorschläge der SPÖ allein sind Hürden - die grundlegend anderen
Zugänge von ÖVP und SPÖ zu den beispielsweise geschilderten
Themen sind
es, die Hürden darstellen. Da liegt der Ball wohl zunächst
einmal beim
Herrn Dr. Gusenbauer, einen Vorschlag zu machen, wie man
diese Hürden
überwinden kann. Er hat den Regierungsbildungsauftrag - es
ist übrigens
gut, dass unser Herr Bundespräsident doch noch in sich
gegangen ist,
und doch den Stimmenstärksten mit der Regierungsbildung
beauftragt hat,
wenngleich er zu Zeiten, als die ÖVP in den Meinungsumfragen
vorne lag,
anderes angedeutet hat -, und den sollte er ernst nehmen und in
konstruktive Verhandlungen einsteigen. Es wäre doch
vermessen und eine
Leugnung des Wahlergebnisses, würde hier die ÖVP die aktive Rolle
einnehmen.
Was den "Entschuldigungsreigen" anbelangt: wie wir nun in
Ehrenerklärungen der SPÖ, aber auch anhand von Beratern der
SPÖ, die
sich verplappert haben, erfahren konnten, hat die SPÖ im Wahlkampf
tatsächlich nicht davor zurückgeschreckt, auch Lügen dazu zu
verwenden,
die Regierungsarbeit der letzten Jahre krankzureden oder gegen die
Person des Dr. Wolfgang Schüssel oder auch andere Familien
hochrangiger
ÖVP-Funktionäre loszugehen. Jawohl, die Familien der
Funktionäre wurden
hineingezogen! Als Funktionär muss man das aushalten, aber
was bitte
hat da die Familie desjenigen im Wahlkampf zu suchen? Wäre
es da nicht
selbstverständlich gewesen, sich dafür vor Einstieg in auf
Zusammenarbeit und auch Vertrauen basierende Gespräche zu
entschuldigen? Eigentlich schade, dass dies "eingefordert" werden
musste, was für eigentlich jeden von uns nur allzu logisch ist.
Betreffend die Aussage, es sei ein Entgegenkommen, überhaupt zu
verhandeln: für sich allein stehend ist das wirklich starker Tobak.
Doch man muss auch sehen, dass sich Wolfgang Schüssel da über die
derzeitige Skepsis "seiner" Basis hinwegsetzt. So gesehen
also wirklich
ein mutiger Schritt, den er hier setzt - er hat es als
Entgegenkommen
ausgedrückt.
Zum Kommentar, der mir in der Tageszeitung "Österreich" in den Mund
gelegt wurde, "der Wähler habe die Politik oder das Programm
der ÖVP
nicht verstanden": meine Überzeugung ist es, dass die ÖVP in den
vergangenen sechs Jahren sehr viel Gutes für unser Land
gemacht hat; es
wurde auch nicht davor zurückgeschreckt, Maßnahmen zu
beschließen, die
von der SPÖ auf die lange Bank geschoben wurden, weil sie auf den
ersten Blick nicht so populär sind. Dafür werden uns unsere
Kinder aber
einmal Danke sagen (Pensionsreform etwa). Einige Reformen
waren sicher
nur ein erster Schritt: es gibt noch unzählige notwendige
Verbesserungen, für welche die Zeit einfach zu kurz war.
Dies habe ich
den beiden Journalisten auch am Wahlabend gesagt, als sie
mit mir über
das Wahlergebnis sprechen wollten. Auf die Frage, wie ich mir das
Wahlergebnis dann erkläre, habe ich geantwortet, dass es der
ÖVP, also
uns, offenbar nicht gelungen ist, die gesetzten aber auch die
zahlreichen geplanten Maßnahmen in Notwendigkeit und Auswirkung
ausreichend zu erklären. Es wurde der Opposition überlassen, diese
Maßnahmen zu erklären und dabei herunterzureden oder als
unmenschlich
hinzustellen. Wir haben zu wenig erklärt, warum welche
Maßnahme gesetzt
wird, welchen Mehrwert sie für jeden einzelnen direkt oder indirekt
bringt; wir haben nur gesagt, dass es Österreich gut geht -
was zwar
stimmt, aber im Einzelfall vielleicht anders wahrgenommen wird und
daher abgehoben wirkt. Und da hat die Opposition erfolgreich
hineingehauen, indem sie dieses Empfinden durch Kampagnen der
Besudelung der objektiven Erfolge verstärkt hat. Es war wohl
weniger
die inhaltliche Arbeit, die keinen Anklang gefunden hat,
sondern viel
mehr die Kommunikation mit den BürgerInnen, die nicht ausreichend
funktioniert hat. Denn wäre das ein Entscheid für
Verschulungspolitik
und gegen Reformpolitik, für neue Belastungen
(Sozialversicherungsbeitragsanhebung) und gegen Entlastungen
(Steuerreform ohne Gegenfinanzierung durch neue Schulden
oder Abgaben,
sondern durch Verwaltungseinsparungen), für das in den Tag
hineinleben
und gegen das an zukünftige Generationen denken ...., dann
würde ich
das nur sehr schwer verstehen.
Das mit dem Erklären sehe ich zum Beispiel so: den wenigsten
von uns
ist wahrscheinlich bewußt, dass unser Pensionssystem auf dem
Generationenvertrag aufbaut, welcher ins Leben gerufen
werden musste,
um in der Nachkriegszeit jenen Menschen, die unser
Österreich wieder
aufgebaut haben und damit den Sockel für unseren heutigen Wohlstand
gesetzt haben, im Lebensabend ein erwerbsloses Einkommen zu
sichern -
im Krieg hatten sie ja keine Gelegenheit,
Sozialversicherungsbeiträge
zu leisten, mit welchen ihre Pension finanziert hätte werden
können.
Und an Eigenvorsorge war gar nicht zu denken. Im Laufe der
Jahrzehnte
hat diese Begründung für die nachfolgenden Generationen
eigentlich die
Bedeutung verloren, gleichzeitig zeichnete sich immer mehr ab, dass
schon in naher Zukunft dieses System unfinanzierbar zu
werden droht,
weil auf jeden Berufstätigen immer mehr Pensionsten kommen.
Je länger
man zuwartet, wie das Vranitzky und Konsorten hervorragend
verstanden
haben aus Angst vor den WählerInnen, desto tiefer müssen die
Einschnitte sein, um diesem Trend gegenzubauen. Die ÖVP hat
sich wohl
gerade noch rechtzeitig - siehe Deutschland - getraut, aber, wie
gesagt, leider verabsäumt, die Notwendigkeit dieses Schrittes so zu
erklären, dass es auch für jeden verständlich ist. Es war für die
Opposition daher ein Leichtes, diese Einschnitte als unmenschlich
hinzustellen.
Wenn Sie wollen, können wir aber auch von Angesicht zu
Angesicht mal
miteinander plaudern - rufen Sie mich einfach an - geht irgendwie
leichter als übers "Rohr" ;-) Und die anderen hier müssen meine
seitenweisen Ergüsse nicht lesen :-)
daß wir ihre ergüsse nicht mehr lesen müssen, herr gaugl, ist der
erste vernünftige erguss von ihnen.
nix für ungut. |