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Michl ® sagt am 20.10.2006 11:01 zu Hans-Jürgen Gaugl ®:Erster Beitrag

Re: wahl & purkersdorf


Lieber Herr Gaugl,
letztendlich hab ich es doch geschafft, alles in einem Stück zu lesen und die für mich wesentlichen Informationen herauszufiltern - hat halt a bisserl gedauert ;-)
Bin ganz auf Ihrer Seite, wenn Sie sich wünschen, dass konstruktiv gearbeitet werden soll - denn alles andere schadet unserer geliebten Heimat. Es muss einzig und allein darum gehen, die Zukunft unseres Landes zu sichern. Es darf einfach nicht passieren, dass uns unsere Kinder und Kindeskinder eines Tages fragen: wie konntet Ihr es nur zulassen, dass Ihr Euch ein schönes Leben auf unsere Kosten gemacht habt, dass Ihr auf Schulden, für die wir nun büßen müssen, alles auf Staatskosten finanziert habt, um Eure Wählerstimmen zu bekommen?

Die kleinen Spitzen gegen die SPÖ müssen wohl sein, aber bitte. Das mit dem schönen Leben trifft ja wohl nicht auf die Gesamtbevölkerung zu. Es ist schon richtig, dass es uns in Österreich vergleichsweise gut geht, trotzdem geht die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander. Und das verstärkt, seit die ÖVP an der Macht war/ist, die logischerweise erstmal ihre Klientel bedient.
Ich bin ja Finanzpolitisch nicht so bewandert wie Sie, daher ist die Geschichte mit den Staatsfinanzen und -schulden für mich immer ein wenig abstrakt und wenig greifbar. Ich bin jetzt auch schon ein Zeiterl auf der Welt und habe persönlich bis dato wenig von den Auswirkungen der ach so schrecklichen Schuldenpolitik der Roten gespürt. Und man darf auch nicht vergessen, dass die sog. "Schuldenpolitik" auch unter Beteiligung des Koalitionspartners ÖVP passierte. War die ÖVP damals zu schwach oder zu dumm um nichts dagegen zu tun? Auf einmal ist man an der Macht (mit Unterstützung einer Partei, die man vorher noch ausserhalb des Verfassungsbogens gesehen hat) und weiß es plötzlich besser??
Aber wenn ich mir dann diverse Berichte durchlese, wieviel Geld in den einzelnen Ministerien verpulvert wird, dann frag ich mich doch, ob die Geschichte mit dem Sparen nicht auch anders angegangen werden könnte.
Man könnte doch z.B. bei den sogenannten "Beratern" der einzelnen Minister einsparen, die sich mit ihren unglaublich dotierten Verträgen eine goldene Nase verdienen. Seltsamerweise kommen diese "Spezialisten" immer aus parteinahen Organisationen, wie z.B. WK und ähnliche. In dem Zusammenhang frag ich mich natürlich schon, was denn dann die Beamten in den einzelnen Ministerien eigentlich noch zu tun haben. Weiters frag ich mich natürlich auch, warum die letzte Regierung einem Irak (oder wars der Iran?) seine sämtlichen Schulden erlässt (wie voriges Jahr in den Medien gebracht wurde), wenn wir doch so auf unser Geld schauen müssen. Warum schwenkt ein Finanzminister Grasser im letzten Moment in Richtung teuerster Abfangjäger? Usw. usf. ....
Betreffend Hürden: sorry, wenn ich mich falsch ausgedrückt habe: Nicht die Vorschläge der SPÖ allein sind Hürden - die grundlegend anderen Zugänge von ÖVP und SPÖ zu den beispielsweise geschilderten Themen sind es, die Hürden darstellen. Da liegt der Ball wohl zunächst einmal beim Herrn Dr. Gusenbauer, einen Vorschlag zu machen, wie man diese Hürden überwinden kann.

Im Gegensatz zu Schüssel hat Gusenbauer aber auch gesagt, das im Grunde alles verhandelbar ist. Im Hinblick auf die Wahlversprechen zwar ein gewagter Sager, aber er bewegt sich wenigstens auf den Gesprächspartner zu, während sich die ÖVP in Ihren Forderungen anscheinend einbetoniert hat.
Es tut mir leid, aber das Verhalten der ÖVP erinnert mich schwer an die Zeit der "Wende", wo sich Schüssel auf den Kanzlerposten getrickst und gelogen hat.
Er hat den Regierungsbildungsauftrag - es ist übrigens gut, dass unser Herr Bundespräsident doch noch in sich gegangen ist, und doch den Stimmenstärksten mit der Regierungsbildung beauftragt hat, wenngleich er zu Zeiten, als die ÖVP in den Meinungsumfragen vorne lag, anderes angedeutet hat -, und den sollte er ernst nehmen und in konstruktive Verhandlungen einsteigen. Es wäre doch vermessen und eine Leugnung des Wahlergebnisses, würde hier die ÖVP die aktive Rolle einnehmen.

Und ein kleines Spitzerl gegen den "roten" Bundespräsidenten muss auch noch sein.
Wie bereits erwähnt, bewegt sich Gusenbauer ja, im Gegensatz zur ÖVP.
Was den "Entschuldigungsreigen" anbelangt: wie wir nun in Ehrenerklärungen der SPÖ, aber auch anhand von Beratern der SPÖ, die sich verplappert haben, erfahren konnten, hat die SPÖ im Wahlkampf tatsächlich nicht davor zurückgeschreckt, auch Lügen dazu zu verwenden, die Regierungsarbeit der letzten Jahre krankzureden oder gegen die Person des Dr. Wolfgang Schüssel oder auch andere Familien hochrangiger ÖVP-Funktionäre loszugehen. Jawohl, die Familien der Funktionäre wurden hineingezogen! Als Funktionär muss man das aushalten, aber was bitte hat da die Familie desjenigen im Wahlkampf zu suchen? Wäre es da nicht selbstverständlich gewesen, sich dafür vor Einstieg in auf Zusammenarbeit und auch Vertrauen basierende Gespräche zu entschuldigen? Eigentlich schade, dass dies "eingefordert" werden musste, was für eigentlich jeden von uns nur allzu logisch ist.

Also erstens: es war Wahlkampf. Der wird nunmal von Wahl zu Wahl härter. Und jeder arbeitet mit Aussagen, die der andere als Lügen empfindet. Dass die ÖVP in ihrer Überheblichkeit Angriffe auf die Regierungsarbeit, die komischerweise nur sie selbst als gut empfindet (man beachte das Wahlergebnis und nur das zählt im Moment) nun derart hochstilisiert sagt eigentlich schon alles.
Schüssel hat sich mit seiner Aussage bezüglich eines nicht-existenten Pflegenotstandes selbst ins Eck gestellt, da hilft kein nachträgliches Sudern. Denn er kann mir nicht erzählen, als Vorsitzender jener Partei, deren höchstes Gut die Familie sei, nicht gewusst zu haben, was bei seiner Schwiegermutter los ist. Über andere Angriffe kann man diskutieren, aber auch die ÖVP hat sich nicht unbedingt durch Freundlichkeiten ausgezeichnet, also ist dieses gegenseitige - von der ÖVP ausgehende - Aufrechnen von Gemeinheiten mehr als peinlich und zeigt einmal mehr die Wehleidigkeit der Abgewählten.
Betreffend die Aussage, es sei ein Entgegenkommen, überhaupt zu verhandeln: für sich allein stehend ist das wirklich starker Tobak. Doch man muss auch sehen, dass sich Wolfgang Schüssel da über die derzeitige Skepsis "seiner" Basis hinwegsetzt. So gesehen also wirklich ein mutiger Schritt, den er hier setzt - er hat es als Entgegenkommen ausgedrückt.

Schüssel setzt sich seit Jahren über die Skepsis der Basis - nämlich des Volkes - hinweg, also warum soll ausgerechnet das sooo ein mutiger Schritt gewesen sein?
Zum Kommentar, der mir in der Tageszeitung "Österreich" in den Mund gelegt wurde, "der Wähler habe die Politik oder das Programm der ÖVP nicht verstanden": meine Überzeugung ist es, dass die ÖVP in den vergangenen sechs Jahren sehr viel Gutes für unser Land gemacht hat; es wurde auch nicht davor zurückgeschreckt, Maßnahmen zu beschließen, die von der SPÖ auf die lange Bank geschoben wurden, weil sie auf den ersten Blick nicht so populär sind. Dafür werden uns unsere Kinder aber einmal Danke sagen (Pensionsreform etwa). Einige Reformen waren sicher nur ein erster Schritt: es gibt noch unzählige notwendige Verbesserungen, für welche die Zeit einfach zu kurz war. Dies habe ich den beiden Journalisten auch am Wahlabend gesagt, als sie mit mir über das Wahlergebnis sprechen wollten. Auf die Frage, wie ich mir das Wahlergebnis dann erkläre, habe ich geantwortet, dass es der ÖVP, also uns, offenbar nicht gelungen ist, die gesetzten aber auch die zahlreichen geplanten Maßnahmen in Notwendigkeit und Auswirkung ausreichend zu erklären. Es wurde der Opposition überlassen, diese Maßnahmen zu erklären und dabei herunterzureden oder als unmenschlich hinzustellen. Wir haben zu wenig erklärt, warum welche Maßnahme gesetzt wird, welchen Mehrwert sie für jeden einzelnen direkt oder indirekt bringt; wir haben nur gesagt, dass es Österreich gut geht - was zwar stimmt, aber im Einzelfall vielleicht anders wahrgenommen wird und daher abgehoben wirkt. Und da hat die Opposition erfolgreich hineingehauen, indem sie dieses Empfinden durch Kampagnen der Besudelung der objektiven Erfolge verstärkt hat. Es war wohl weniger die inhaltliche Arbeit, die keinen Anklang gefunden hat, sondern viel mehr die Kommunikation mit den BürgerInnen, die nicht ausreichend funktioniert hat.

Kann es nicht auch sein, dass das Volk nicht ganz so dumm ist, wie der Politiker allgemein zu glauben scheint und es vielleicht doch die Inhalte waren, die zu diesem Wahlergebnis geführt haben?
Je länger man zuwartet, wie das Vranitzky und Konsorten

wäre hier nicht eine Entschuldigung fällig? ;-)
Wenn Sie wollen, können wir aber auch von Angesicht zu Angesicht mal miteinander plaudern - rufen Sie mich einfach an - geht irgendwie leichter als übers "Rohr" ;-) Und die anderen hier müssen meine seitenweisen Ergüsse nicht lesen :-)

also erstens glaub ich durchaus, dass die Ergüsse auch für die anderen interessant sind und zweitens wage ich zu bezweifeln, dass ich genügend Zeit und Geduld für eine Plauderei aufbringen würde, die letztendlich doch nur in Schlechtmachen der SPÖ und Gutreden der ÖVP ausufern würde.
Ausserdem ist es doch nicht schlecht, wenn die Ergüsse in ihrer Gesamtheit schriflich festgehalten sind, so kann man im Nachhinein nicht behaupten, etwas wäre aus dem Zusammenhang gerissen.

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