Purkersdorf Forum Archiv 2003
Archiv 2001 | 2002 | 2003 | 2004 | 2005 | 2006 | 2007 | 2008 | 2009 | 2010-2013 | 2014-2016 | Forum | HOME

Georg R. ? sagt am 17.11.2003 18:06 zu Ayse Bürgmann ®:Erster Beitrag

Re: Asylanten sind Menschen wie du und ich


Ich heiße Ayse Bürgmann und wohne in der A.W. Prager-G. 15, d. h. ich bin eine direkte Anrainerin.
Es werden viele Ängste geschürt und menschenunwürdig argumentiert. Ich finde das bedauerlich.
Faktum ist:
- Es werden max. 40 Personen, das sind vielleicht 10 Familien (ausschließlich Christen) - in einem großen Haus einer christlichen Organisation einquartiert - Diese Menschen werden parallel zur Kirche auch von anderen Organisationen unterstützt
Bei der Entscheidung, daß in meiner Nachbarschaft in DIESER Form Flüchtlinge aufgenommen werden, erkenne ich nichts Bedrohliches. Ich habe darüber erstmals in der Zeitung gelesen. Die Notwendigkeit einer "Ortsbefragung" sehe ich nicht.
Viel bedrohlicher finde ich die Vorverurteilung von Menschen.

S.g. Frau Bürgmann,
ich lebe ebenfalls seit 30 Jahren in unmittelbarer Nähe dieses Hauses. Und ich meine, daß jedes Ding zwei Seiten hat. Vorverurteilung ist die Eine, über die Entwicklung anderer Menschen (und zwar egal welcher) zu bestimmen ist die Andere.
Es ist wahr, es geht hier um Menschen, und wir brauchen nicht darüber zu diskutieren, ob wir Purkersdorfer(Innen) nicht 40 Personen ein Dach über dem Kopf und ein wenig Schutz verschaffen können. Aber wir müssen uns auch eingestehen, daß hier die eigentliche Arbeit erst beginnt.
Denn abgesehen vom Materiellen benötigen diese Menschen - wie wir alle - auch einen gewissen Bewegungsfreiraum, Ansprache und Kontakte verschiedener Art mit ihrer Umgebung. Sie entstammen einer anderen Kultur und haben somit naturgemäss andere Anschauungen und somit entstehen auch Konfliktpotentiale. Das hat nichts mit dem "Flüchtling" an sich zu tun, bei der Errichtung eines Jugendzentrums gibt es durchaus ähnliche Aufgaben.
Was mich jedoch (erstens) wirklich erschüttert ist, daß diese Herausforderung ganz allein einer kleinen, weit vom Rest des Dorfes entfernten Gasse auferlegt wird, ohne die Anwohner je gefragt zu haben. Das läßt bei mir den bösen Gedanken aufkommen, daß sich Herr und Frau Purkersdorfer gern als Gutmenschen wähnen möchten, die Integration passiert aber praktischerweise "woanders".
Zweitens kann - so meine ich - auch die Integration in so einem kleinen Kreis nicht optimal verlaufen, ich habe die Erfahrung gemacht, daß hier die Insel- oder Gruppenbildung (mir fällt kein besseres Wort ein) kaum aufgebrochen werden kann. Sollte das nicht auch ein Ziel sein, im großen Kreis voneinander zu lernen anstatt Lagerdenken zu fördern? Warum lernen wir aus dem (schlechten) Wiener Beispiel denn so wenig?
Drittens finde ich den Standort an und für sich ungeeignet. Das Haus scheint mir für 40 Personen doch recht knapp und rundum gibt es keine Infrastruktur. Ich werde den Gedanken nicht los, als wollte man diese Menschen absichtlich vom Stadtbild fernhalten..
Summa summarum finde ich die ganze Aktion entweder schrecklich verlogen oder aber zumindest furchtbar schlecht durchdacht. Ich fühle mich - ich sage es offen - mit der Aufgabe ziemlich im Stich gelassen. Ich möchte Herrn Schlögl auch nicht unterstellen, daß er absichtlich diesen Platz für "humanitäre Zwecke" gewählt hat, da er hier vielleicht nur 200 Wählerstimmen riskiert. Das fände ich allen - auch den Flüchtlingen - gegenüber sehr schäbig.
Wesentlich ehrlicher wäre es, eine breitere Diskussion zu starten, wie die Menschen grossflächiger auf die Gemeinde zu verteilen wären, im Sinne aller Beteiligten. Da könnte ich mir sogar eine wesentlich grössere Zahl an Flüchtlingen vorstellen. So wie es allerdings jetzt geplant ist erwarte ich nur wenig Gutes.
Hoffentlich irre ich mich.
Georg R.


Thread



Dieses Forum ist eine frei zugängliche Diskussionsplattform. Der Betreiber übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der Beiträge und behält sich das Recht vor, Beiträge mit rechtswidrigem oder anstößigem Inhalt zu löschen.

Poste nur Bilder, die du selbst gemacht hast und die frei von Rechten anderer sind! Wenn Personen im privaten Raum abgebildet sind, musst du deren Einverständnis zur Veröffentlichung haben.