Purkersdorf Online

42 jugendliche Flüchtlinge ziehen ab April in die Wintergasse


Zur Beachtung: Es hatte sich ein Tippfehler eingeschlichen (Alter der Flüchtlinge). Danke den aufmerksamen Lesern!

Bericht von der Informationsveranstaltung der Gemeinde

Der Stadtsaal war mit rund 500 TeilnehmerInnen am Montag, 15. Februar 2016 brechend voll. Bürgermeister Karl Schlögl, Gemeinderätin Marga Schmidl und Stadträtin Susi Bollauf  luden zur Information über das endlich gelungene Projekt. Gemeinsam mit

  • Dr. Peter Rozsa, Verantwortlicher der Koordinationsstelle für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) des Landes Niederösterreich
  • Mag. Klaus Neumann,  vom Verein menschen.leben

und einem Vertreter der Bezirkshauptmannschaft, der Polizei standen sie dem Publikum für Fragen zur Verfügung. Moderiert wurde der Abend von Christoph Planitzer vom Land Niederösterreich.

Bereits im Juli vergangenen Jahres haben die Bemühungen begonnen ein passendes Objekt für jugendliche Flüchtlinge in Purkersdorf zu finden. Auf den „Runden Tischen“ zum Thema gab es ausschließlich positive Stimmen, mit verstreichen der Zeit wuchs die Ungeduld der vielen Menschen, die ihre Hilfe angeboten haben. Nach den Vorfällen zu Silvester und den folgenden Desinformationen der Medienmehrheit ist in wenigen Wochen die Stimmung in Österreich gekippt – auch in Teilen Purkersdorfs. Die Freude helfen zu können hat teilweise einer diffusen Angst Platz gemacht, vor sexuellen Übergriffen und Verlusten von Freiheit oder allgemein vor zunehmender Kriminalität. So hat es auch bei uns im Vorfeld der Veranstaltung viele hässliche Einträge auf facebook-Seiten gegeben – wirklich erschreckend, wie offen dort anderen Schlechtes gewünscht wurde. Und etliche ernsthaft besorgte Mails an Bürgermeister und andere StadtpolitikerInnen.

Daher ist es absolut positiv, dass so viele Menschen den Informationsabend genutzt haben, um dort ihren Unsicherheiten und Ängsten Ausdruck zu verleihen und Antworten auf etliche offene Fragen zu bekommen. Auch wenn das Publikum geteilter Meinung über das entstehende Quartier war, letztendlich gab es deutlich mehr Stimmen, die sich für ein Miteinander ausgesprochen haben. Deutlich mehr Menschen haben sich nicht von der bangen Stimmung anstecken lassen, sondern aufgezeigt, wo eine Zusammenarbeit möglich ist. Berichtet, wie schön und bereichernd die Arbeit – zum Beispiel bei den Sprachkursen – mit den bereits bei uns lebenden Flüchtlingen ist. Betont, dass es keinerlei beängstigende Situationen gegeben hat.

In den nächsten Tagen folgen dann ein paar Splitter, die die Stimmen des Abends hoffentlich gut wiedergeben. Viele unterschiedliche Themen wurden angesprochen, sicher nicht alle zufriedenstellend beantwortet. Aber es wurde auch deutlich, dass wir dieses Projekt in Purkersdorf als Gesellschaft auch wollen und es gemeinsam gut entwickeln werden.

Herauszuheben ist, dass es im Sinne eines gedeihlichen Zusammenlebens ist, den Jugendlichen zuerst einmal offen und ohne Vorurteilen zu begegnen. Wenn Flüchtlinge „ein Gesicht“ bekommen, zeigt sich rasch, dass Menschen wie wir es auch sind, gekommen sind. Mag. Neumann betont, dass es eigentlich irritierend und erstaunlich für sie ist, dass sie ein so hohes öffentliches Interesse darstellen. Die Vermittlung von Patenschaften, die aus dem Publikum angesprochen wurde, wurde ausgesprochen positiv gesehen. Ebenso, wenn es andere Kontakte gibt – egal ob Interkulturcafe, gemeinsame sportliche Aktivität, Spaziergänge, Einkäufe, … die das gegenseitige Kennenlernen fördern. Die Werte unserer Gesellschaft vermitteln sich am aller besten im erleben eines normalen Alltags, der gemeinsamen Verrichtung alltäglicher Dinge und Aktivitäten.

Danke an alle, die sich engagiert für dieses Projekt unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlingen ein neues Zuhause in Purkersdorf zu geben, eingesetzt haben und einsetzen! Danke auch an Bürgermeister Schlögl für seine abschließenden Worte: Er drückte seine Sorge aus, dass die Gesellschaft in Purkersdorf  in dieser Frage gespalten ist – viele sind offen und viele sind ängstlich. Aber er betont, dass es unsere menschliche und moralische Verpflichtung ist, Menschen in Not zu helfen.

Die Eckdaten zum Projekt:

Betreuer und Ansprechpartner vor Ort ist der Verein menschen.leben, der bereits vielfältige Erfahrung mit diesen Quartieren und mobilier Jugendarbeit hat. Der Verein trägt die Kosten für die Umbauarbeiten und den laufenden Betrieb. Der Mietvertrag ist für fünf Jahre abgeschlossen.

  • Etwa ab April werden 42 unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge in die Wintergasse 52 (ehemalige Dibl-Druck) einziehen
  • die Burschen sind zwischen 14 und 17,99 Jahre alt
  • sie kommen aus unterschiedlichen Ländern
  • die Jugendlichen haben einen langen Fluchtweg hinter sich. Sie haben Erfahrungen gemacht, die sich sicher niemand von uns auch nur vorstellen kann. Je nach Situation mussten oder durften sie ihr Heimatland verlassen. Jedenfalls vermissen sie in der Regel ihre Familien und Geschwister. Sie leben entsprechend in zwei Welten: Hier bei uns und im Versuch Kontakt mit ihrer Familie – im Herkunftsland oder ebenfalls auf der Flucht – zu halten.
     
  • vor Ort sind täglich 24 Stunden lang BetreuerInnen anwesend
  • laut Hausordnung müssen die Jugendlichen um 22 Uhr im Quartier sein – was in der Regel gut eingehalten wird (Ausnahmen gibt es im Sommer oder an Wochenenden)
  • die meisten Betreuerinnen sind Frauen – die jungen Männer werden also von Beginn an daran gewöhnt, dass Frauen in ihrem Alltag bestimmende Rollen haben
     
  • es werden spezifische Deutsch-Kurse geboten
  • die Jugendlichen kochen selbst, räumen ihre Zimmer auf und putzen selbst
  • Erlebnispädagogik und Ausflüge werden an Jahreszeiten angepasst angeboten
  • sie werden im Asylverfahren begleitet
  • da die Jugendlichen im Asylverfahren sind, können sie – entsprechend der geltenden österreichischen Rechtslage – keine legalen Arbeiten annehmen
  • die Jugendlichen erhalten 45,- Euro pro Monat Taschengeld und die Hälfte von Fahrtkosten ersetzt
     
  • Fragen können jederzeit an die/den HausverantwortlicheN gestellt werden – mit Inbetriebnahme wird es auch einen Tag der offenen Türe geben

 

Christiane Maringer
Liste Baum


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