Purkersdorf Online

Der Februar 1934 in Purkersdorf


Stadtmuseum

H O M E

Purkersdorf 1967-2007 in Bildern

Stichwort Purkersdorf 2003

Festschrift 50 Jahre Stadt Purkersdorf

Allgemeines

Hildegard JONE Symposium 2013

Postkutsche

40 Jahre Stadterhebung

Berichte aus dem Stadtmuseum

Ehrenkustos Johann Wohlmuth 1924 - 2007

Forschungen aus dem Stadtmuseum

Hintergrundinfo

English

Der Februar 1934 in Purkersdorf – Das Ende des „roten Purkersdorf“

Dr. Christian Matzka

Rundschau – Stadtzeitung für Purkersdorf 1 (2014) 17 – 18.

Die Ereignisse in Österreich am 12. Februar 1934, ausgehend von Linz, wo sich der Schutzbund bei einer Durchsuchung des Parteiheims mit Waffengewalt wehrte, fanden in Purkersdorf ohne bewaffnete Kämpfe statt. 

Der Schutzbundführer des Wientales, Richard Handl, alarmierte am 12. Februar 1934 die Schutzbundmitglieder, die auf der Antonshöhe in Purkerdorf zusammen trafen. Doch wurden vorerst keine militärischen Aktionen geplant. [1]

Nach dem 12. Februar 1934 erfolgte die Auflösung aller sozialdemokratisch verwalteten Gemeinden, darunter Purkersdorf, durch die niederösterreichische Landesregierung. Der Sägewerksbesitzer Johann Marterbauer wurde als Gemeindeverwalter eingesetzt. Das Standrecht regierte Niederösterreich.[2] Der Gemeindetag bzw. Gemeinderat wählte in der Sitzung am 14. Dezember 1934 gemäß der ständischen Verfassung vom 1. Mai 1934 Johann Marterbauer zum Bürgermeister von Purkersdorf.[3] 

Bürgermeister verhaftet

Der sozialdemokratische Bürgermeister Johann Buchmüller wurde in behördlichen Gewahrsam genommen. Alle Sozialdemokraten ihrer Ämter enthoben.[4] Die neue Gemeindeverwaltung intervenierte bei Minister Fey für den ehemaligen sozialdemokratischen Bürgermeister Buchmüller, um seine Freilassung zu erreichen.[5] Hausdurchsuchungen in Purkersdorf ergaben den Fund von einem Maschinengewehr, 1700 Schuss Munition, ca. 80 Handgranaten, 100 Gewehre, 30 Pistolen und 3000 Schuss Munition.[6]

Landeshauptmann Reither rief zu einem neuen Kurs in den Gemeinden auf. Das Ziel war in den Gemeinden getreu und rückhaltslos für ein deutsches, katholisches Österreich einzutreten. Auch sollten durch Einsparungen die Gemeindebudgets in Ordnung gebracht und die Sünden der Sozialdemokraten beseitigt werden.[7] In Purkersdorf führte dies zu weitreichenden Privatisierungen im Jahre 1936, wie der Verkauf des Ton - Kinos und der Liegenschaft Wienerstraße 12 mit Hotel, eines Gemeindehauses und eines Baugrundstückes, sowie des Bades in der Fürstenberggasse an private Interessenten.[8]

Verfolgung der Sozialdemokraten

Die Verfolgung von sozialdemokratischen Funktionären betraf auch Purkersdorfer Gemeindebedienstete. Den ehemaligen Personalreferenten der Gemeinde verurteilte ein Gericht zu sechs Monaten Kerker wegen unsauberer Geschäfte.[9] Auch den ehemalige Leiter des Purkersdorfer Arbeits- und Berufungsamtes, Johann Androsch, verurteilte ein Schöffengericht wegen Mißbrauch der Amtsgewalt, Verleumdung und Fälschung öffentlicher Urkunden und der Unterschlagung von Amtsgeldern von mehr als 13 000 Schilling zu zweieinhalb Jahren schwerem Kerker.[10] 

Die Zeitungen berichteten über Korruption und Bereicherung in der Sozialdemokratischen Partei. Dabei wird in der lokalen Presse nach dem Februar 1934 das Vorurteil gegen die jüdischen-sozialdemokratischen Parteifunktionäre bedient: die jüdischen Führer, die auf den Rücken der Arbeiter aufs hohe Roß gekommen waren, begannen alsbald nobel und feudal zu leben. Aber klug und gerissen, wie sie sind, zeigen sie ihren Lebensaufwand wenig, wussten sie geschickt ihn zu verschleiern.[11] So wird von den Einkünften eines sozialdemokratischen Funktionärs des Bezirkes Purkersdorf berichtet. Er soll im Jahre 1933 vom Parteisekretariat 4471,20 Schilling, von einer nicht genannten Zeitung 5988 Schilling und von der Versicherungsanstalt dieser Zeitung 5108,32 Schilling und weitere Unterstützungen für Weihnachten und den Sommerurlaube erhalten haben.[12] Welche Dimensionen auf der regionalen Ebene hier unterstellt wurden, zeigt der Vergleich mit dem Einkommen einer Volksschullehrerin mit siebenundzwanzig Dienstjahren im Jahre 1933. Diese bezog monatlich ein Nettoeinkommen von 408,10 Schilling.[13]

Richard Handl, der Gemeinderat und Ortsgruppenführer von Purkersdorf  Leopold Thuminger, Karl Stadler senior und Alois Krumholz wurden wegen Sprengstoffbesitz, widrige Vereinstätigkeit und verbotenen Waffenbesitz vor ein Schöffengericht gestellt. Handl, Thuminger und Stadler erhielten acht Monate, Anton Moser und Eduard Winterstein sieben Monate Haft und Alois Krumholz wurde zu sechs Monaten schwerem Kerker verurteilt.[14]

Der verurteilte Gemeinderat Karl Stadler verlor als Taxiunternehmer in Purkersdorf wegen der Teilnahme an den Februarkämpfen seine Konzession.[15]

Widerstand gebrochen

Nach dem Februar 1934 war der demokratische Widerstand gegen den Austrofaschismus gebrochen. Viele Sozialdemokraten emigrierten ins Ausland, kamen ins Gefängnis oder lebten im Untergrund. Daher fanden die Nationalsozialisten im Jahre 1938 ein weitgehend widerstandsloses Österreich vor.

Rehabilitierung

Erst durch das vom Nationalrat beschlossene Gesetz zur Rehabilitierung von Justizopfern des Austrofaschismus, das seit 1. März 2012 in Kraft ist, können Opfer durch Antrag beim Straf- Landesgericht Wien oder bei der Staatsanwaltschaft Wien rehabilitiert werden. Den Antrag können die betroffenen Personen selbst, oder deren Angehörige stellen, wenn sich diese Personen zwischen 1933 und 1938 für ein unabhängiges und demokratisches Österreich eingesetzt haben.

[1]              Purkersdorfer Bezirksnachrichten, 114 (29. 4. 1934) 4.

[2]              Purkersdorfer Bezirksnachrichten, 104 (18. 2. 1934) 1.

[3]              Purkersdorfer Bezirksnachrichten, 150 (6. 1. 1935) 4.

[4]              Purkersdorfer Bezirksnachrichten, 104 (18. 2. 1934) 4.

[5]              Kurt Schlintner, Kleine Ortsgeschichte Purkersdorfs I (Purkersdorf 1996) 68.

[6]              Purkersdorfer Bezirksnachrichten, 106 (4. 3. 1934) 4.

                       Wiental Stimmen,  9 (4. 3. 1934) 9.

[7]              Purkersdorfer Bezirksnachrichten, 107 (11. 3. 1934) 1 – 2.

[8]              Kurt Schlintner, Kleine Ortsgeschichte, 69.

[9]              Purkersdorfer Bezirksnachrichten, 123 (1. 7. 1934) 4.

[10]             Wienerwald Bote, 25 (23. Juni 1934) 4.

[11]             Wienerwals Bote, 10 (10. März 1934) 1.

[12]             Wienerwald Bote, 9 (3. März 1934) 5.

[13]             Privatarchiv Christian Matzka, Gehalts-Berechnungsblatt 1933,

                       Eleonore Riedl.

[14]             Purkersdorfer Bezirksnachrichten, 114 (29. 4. 1934) 4.

[15]             Purkersdorfer Bezirksnachrichten, 115 (6. 5. 1934) 4.

[#]


AnfangZum Anfang der Seite
Letzte Änderung: 2014-12-21 - Stichwort - Sitemap