Anton Wildgans Weg
Christian Matzka
1. Tafel (vor dem Haus Sagbergstraße 48)
Bild von Anton Wildgans
Der Dichter Anton Wildgans
Leben und Werk
Bekannt ist Anton Wildgans als Lyriker, hatte aber auch mit sozialkritischen Dramen wie "Armut" (1914) und "Dies Irae" (1918) großen Erfolg. Daran konnte er mit dem Werk "Kirbisch" (1927) anschließen.
Die Anton Wildgans Gesellschaft in Mödling pflegt das Werk und das Andenken an den Dichter.
Seit 1962 wird jährlich der von der Vereinigung Österreichischer Industrieller gestiftete Anton Wildgans Preis an österreichische Autoren verliehen.
Foto: Haus 1913, Garten mit Familie und Köchin
....Uns geht es gut, meine Lilly blüht unter Wiesen, in deren Mitte wir wohnen. Wir sind hier ganz allein – kennen keine Menschenseele, die uns stören könnte. Manchmal kriegen wir Besuch, manchmal fahren wir nach Wien.... Aber wir können kaum die Stunde erwarten, bis wir wieder in unserer Wieseneinsamkeit sind. Wir sind hier beide zu Hause. Diese Gegend ist die meiner früheren Träume vom Land, und das Leben, das wir führen, atmet die Stimmung einer horazischen Ode. .........
2. Tafel. Wegbeginn am Waldrand (Bilder: Eröffnung 1931, Plan)
Anton Wildgans Weg
Vom Bahnhof Unter-Tullnerbach zum Sagberg
Den "Anton Wildgans Weg" errichtete anläßlich des 50. Geburtstages des Dichters der Verschönerungsverein Unter-Tullnerbach-Stadlhütte.
Die Wochenzeitung "Wiental-Stimmen" berichtete über das Ereignis.
Nun ging es fieberhaft an die Arbeit. Eine Armee von zwei (!) wegtechnisch geschulten Holzarbeitern wurde mobilisiert und in kürzerer Zeit, als die war, die man zum Bau der Semmeringbahn gebraucht hatte, war der Weg fertig.
Die Eröffnung fand am 11. Oktober 1931 in Anwesenheit von Anton Wildgans und seiner Familie statt. Für die musikalische Umrahmung sorgten Mitglieder der Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Prof. Alexander Wunderer.
Zum 90. Geburtstag von Anton Wildgans erfolgte die Adaptierung des Anton Wildgans Weges durch den Purkersdorfer Stadtgärtner Josef Elsinger.
Bürgermeister Johann Jaunecker übergab den neu gestalteten Weg am 24. Oktober 1970 anläßlich einer Wildgansfeier seiner Bestimmung.
Die Neugestaltung des Anton Wildgans Weges erfolgte durch die Stadtgemeinde Purkersdorf unter Bürgermeister Mag. Karl Schlögl und den Verschönerungsverein Purkersdorf im Jahre 2006. Dipl. Ing. Erich Liehr, Obmann des Verschönerungsvereins und Dr. Christian Matzka, Kustos des Purkersdorfer Museums, bereiteten die thematischen Schautafeln auf.
3. Tafel (bei Nr. 81) (Bild Wildgans als Spaziergänger aus dem Buch Briefe von A. Wildgans)
Der Weg im Sommer
Der tägliche Spaziergang zur Bahnstation
"...An der Station vorbei gelangten wir mitten in den Buchenwald. Zu einem grüngoldenen Dom schlossen sich über uns die Zweige zusammen.......Wir mochten etwa zehn Minuten lang durch den Wald gegangen sein, da lichteten sich die Bäume, eine große, sanft abfallende Wiese lag vor uns und an ihrem Rand ein kleines weißes Haus. ......."
4. Tafel (vor Graben Brücke) (Bild Sagberg von D. Halama)
Der Sagberg um 1910
5. Tafel (Nach Kurve bei Kreiner) Bild Purkersdorf Zentrum
Sommerfrische in Purkersdorf
Ein Urlaubs- und Ausflugsort nahe der Großstadt
Purkersdorf galt als die beliebteste Sommerfrische im Wienerwald. Nach dem Bau der Westbahn wuchs die Einwohnerzahl von 1423 im Jahre 1869 auf 3733 im Jahre 1910. Die Häuserzahl stieg im selben Zeitraum von 169 auf 410. Um 1910 wurden 228 Sommerwohnungen angeboten, in denen 3138 Touristen ihren Urlaub verbrachten. Durchschnittlich blieben die Sommergäste 63 Tage. Der Verschönerungsverein Purkersdorf errichtete und markierte Wanderwege und erbaute 1870 die Aussichtswarte am Troppberg. Die Eröffnung der Warte war ein Fest, das sich über zwei Tage erstreckte.
Konzerte für die Sommergäste fanden beim Sängerbrunnen und in den Gasthausgärten statt. Tausende Tagestouristen besuchten die Region und unternahmen Wanderungen, die in den Gasthäusern beendet wurden.
Gäste in Purkersdorf waren die Komponisten Charles Weinberger 1889 und 1890, Emmerich Kalman 1912 und Edmund Eysler 1932 bis 1937.
6. Tafel (Zwischen Kreiner und Graben) (Bild arme Leute )
Die armen Mädchen
In den Gedichten beschäftigt sich Wildgans immer wieder mit dem Schicksal armer Menschen. Das Gedicht "Die armen Mädchen" weist auf die Arbeit und die Lebensumstände der Wäscherinnen hin. Wäsche waschen war eine schwere Handarbeit und führte auch zu gesundheitlichen Problemen.
Ich will ein Lied von den Mädchen singen,
Von den Mädchen des Volkes, die blaß und müd,
Von ihren Reizen, die bald vergingen,
Von ihren Seelen, die nicht mehr schwingen,
Ich will ein Lied von den Mädchen singen,
Um deren Schläfen das Leiden blüht.
In Zimmern, die keine Sonne beschienen,
Sie lebten in Höfen wie in Kaminen,
Wo trübe der Tag und stickig die Nacht.
Biegsam und anzufühlen wie Flaum,
Aber die niedrigen Gegenstände,
Ätzende Lauge und beizender Schaum
Schufen sie rissig und schwielig, kaum
Mehr zu erkennen als Mädchenhände.
7. Tafel (kurz vor der Waldstraße vor dem Graben) (Bild Wald Blick Rosen nach Purkersdorf )
Sommer 1909
Lilly Wildgans berichtet über den Sommer 1909:
Dann lagen wir am Wiesenrand im Gras, hatten den weiten Himmel über uns und sahen die Raubvögel ihre Kreise ziehen. Tonis Gedicht: Und dann war Sommer gibt die Stimmung jener Tage, die so viel Erfüllung brachten, wieder.
8. Tafel (bei ehem. Schranken) (Foto Pendler)
Rückkehr aus der Großstadt Wien
Im Sommer 1909 fuhr Anton Wildgans täglich nach Wien zu seiner Dienststelle am Bezirksgericht Josefstadt.
Seine Gattin Lilly verbrachte die Werktage allein in der Sommerwohnung am Sagberg.
Als verabredetes Zeichen ließ Toni sein Taschentuch flattern, und ich – bereits auf dem Sprung – raste dann los und konnte tatsächlich bis zum Bahnübergang unmittelbar bei der Station gelangen. Meist war der Schranken noch geschlossen, Toni stand auf der einen Seite, ich auf der anderen, und nur zögernd gab das gemächlich hinaufgewundene Hindernis den Weg zueinander frei. In welch inniger Freude schritten wir dann durch den Wald unserem Hause zu!
In der Mansarde zu Unter-Tullnerbach 1913
Die Familie Wildgans verbrachte den Sommer 1913 mit dem neugeborenen Sohn in der Wohnung am Sagberg. Um arbeiten zu können, wurde die Mansarde im Nachbarhaus gemietet.
Seine Ehegattin Lilly Wildgans stellt den Zusammenhang zu seinen Werken her:
Aber die fast übergroße Besorgtheit, mit der er fast stündlich das Wohl und Wehe seines Sohnes verfolgte, ließ ihn keine innere Ruhe finden. Das Gedicht "Phantastische Nacht" gewährt einen kleinen Einblick in das brodelnde Chaos seines damaligen Seelenzustandes.
10. Tafel (entlang der Bahn) (Bild Landkarte vom Zerfall der Monarchie)
Der Österreicher Anton Wildgans
Der Zerfall von Österreich–Ungarn in die Nachfolgestaaten war auch für Wildgans ein prägendes Ereignis. Der Kleinstaat Österreich, an dessen Selbstständigkeit wenige Menschen glaubten, hatte sich gegen die Anschlussbestrebungen in Deutschland und in Österreich zu behaupten.
Österreichisches Credo (Ausschnitt)
Klein bist du zwar, mein Vaterland, geworden,
Ein Baum, entblättert durch der Zeiten Sturm.
Sieht deine Grenzen doch nach Ost und Norden
Beinah der Wächter jetzt vom Stephansturm.
Auf einmal hielt der Zug mitten im Wald.....Aber als wir uns hinausbeugten, sahen wir ein langgestrecktes, einfaches Stationsgebäude, und darauf war zu lesen Unter-Tullnerbach.
Ringsum wellten sich die blühenden Wiesen bis hinunter an den Bahndamm; jenseits der Talsohle dehnte sich in allen Schattierungen von Grün der weite Wienerwald mit seinen Hügeln und Bergen. Unser Traum war erfüllt!
12. Tafel bei Bahnaufgang bei Tiapal , Bild: Plan und Portrait von Wildgans
Anton Wildgans verbrachte die Sommer 1909, 1910 und 1913 im Haus Sagbergstraße 48. Der Weg von der Station Unter-Tullnerbach zu seinem Wohnhaus heißt seit 1931 Anton Wildgans Weg.
2006 gestalteten die Stadtgemeinde und der Verschönerungsverein Purkersdorf den Weg neu.
Der Weg beginnt beim Fußgängerübergang über die Eisenbahn am Bahnsteig in Fahrtrichtung St. Pölten.