Der Friedhof – Ein Ort der Ruhe und der Erinnerung
Dr. Christian Matzka
Rundschau – Stadtzeitung für Purkersdorf 1 (2021) 18-19.
Die josefinischen Reformen des Jahres 1784 hinsichtlich des Bestattungswesens und der dadurch notwendigen Auflösung der Friedhöfe in den Ortszentren aus hygienischen Gründen, machten im Jahre 1789 eine Verlegung des Friedhofs von der Kirche an den damaligen Ortsrand in der Berggasse notwendig. Mit der Friedhofsmauer, einem verschließbaren Tor und geregelten Öffnungszeiten wird die Totenruhe gesichert und eine mögliche Entweihung des Friedhofes verhindert.
Die Hanglage, mit einem schönen Blick auf die Umgebung, war Anreiz für viele Menschen, wie den Schriftsteller Friedrich Schlögl, den Friedhof als letzte Ruhestätte zu wählen.
Die, im Vergleich zu heute, im 19. Jahrhundert dreimal so hohe Sterberate erforderte im älteren östlichen Teil eine enge und platzsparende Anlage der Gräber. Andererseits entstanden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als Purkersdorf ein beliebter Sommerfrischeort war, herrschaftliche Grabanlagen, da der beliebte Urlaubsort auch als Bestattungsort gewählt wurde.
In den Jahren 1859 und 1962 erfuhr der Friedhof großflächige Erweiterungen in Richtung Westen, wobei auf Grund des Rückgangs der jährlichen Sterberate Reserveflächen unbelegt blieben und diese die Gemeinde als Bauland verkaufte.
Seit dem Jahre 1934 sind Feuerbestattungen in Österreich den Erdbestattungen gleichgestellt. Es entstand ein Urnenhain mit verkürzten Grabstellen neben der Friedhofskapelle. Da diese Form der Bestattung noch nicht in der gesamten Bevölkerung Akzeptanz erfuhr, umgab eine Hecke als Sichtschutz den Urnenhain. Die Freilegung und Einbindung dieses Teiles in das Gesamtkonzept des Friedhofs schuf auch die optische Gleichstellung. Die verstärkte Nachfrage nach Urnenbestattungsplätzen erforderte in den letzten fünfzehn Jahren die Errichtung von zwei Urnenwänden.
Um weitere Flächen für alternative Bestattung bereit zu stellen, ermöglichte die Stadtgemeinde als Erweiterung und Erneuerung des bestehenden Friedhofs die Errichtung des Waldfriedhofs „Feihlerhöh“, der von der Purkersdorfer Bevölkerung auch angenommen wird.
Jede Generation trägt zu der Entwicklung etwas bei. Die Errichtung der unter Denkmalschutz stehenden neoklassizistischen Friedhofskapelle im Jahre 1898 machten viele SpenderInnen, die auf einer Gedenktafel angeführt sind, möglich. In den Jahren 1980 und 1990 erfolgten die Erneuerung des Daches und Renovierungsarbeiten.
Der Friedhof ist einerseits ein Ort der individuellen Erinnerung, andererseits der Ort des kollektiven Gedächtnisses einer Gesellschaft.
Durch die Transferierung des Denkmals für die Opfer des Ersten Weltkriegs auf den Friedhof, die Errichtung des Holocaust Gedenksteins, den Bau des Weges der Versöhnung, der den Friedhof mit dem sowjetischen Soldatenfriedhof verbindet, entstand unter Einbindung des Ortes der Erinnerung, des Denkmals für die Opfer des Zweiten Weltkriegs und des Denkmals für die Opfer des Brünner Todesmarsches eine einzigartige, über Purkersdorf hinaus beachtete, Erinnerungslandschaft.
Die Stadtgemeinde renovierte und restaurierte in den letzten zwei Jahrzehnten zweimal den Friedhof der sowjetischen Soldaten und kommt damit den staatsvertraglichen Verpflichtungen mit großer Sorgfalt nach.
Die Stadtgemeinde verwaltet auch Ehrengräber, die an verdiente Menschen erinnern. So konnten die Gräber von Bürgermeister Karl Pummer, Hildegard Jone, Marianne Haack renoviert und der Grabstein des Grabes von Rudolf Wolfsgruber gesichert werden. Auch das Grab von Bürgermeister Karl Kurz erfuhr mehrmals Pflegearbeiten. Die Restaurierung und Neugestaltung des Ehrengrabes von Friedrich Schlögl führte der Stadtverschönerungsverein in Zusammenarbeit mit der Stadtgemeinde in den Jahren 2019-2021 durch. Gedankt sei allen Angehörigen von Verstorbenen, die Ehrengräber der Stadtgemeinde pflegen.
Die kunsthistorisch wertvolle Jugendstilgruft kaufte im Jahre 2002 der leider zu früh verstorbene KR Leopold Heimlich und ließ diese fachmännisch restaurieren.
Bei Auflösung von Gräbern werden die sterblichen Überreste in einem Karner zur ewigen Ruhe gebettet. Einige Grüfte, die keine Eigentümer mehr haben, werden dafür genutzt. Es ist gelungen, durch Sicherung der Grabsteine, diese Grüfte und die Reste der Laternen als Zitate zu erhalten.
Durch die Veränderung der Bestattungsriten ist die Erdbestattung etwas aus der „Mode“ gekommen. Daher sind viele Grabstellen anheimgefallen und werden nicht mehr gepflegt. Dies ist ein Problem, das auf allen Friedhöfen besteht. Solange die Grabsteine keine Gefahr für die BesucherInnen darstellen, sollten die Gräber bestehen bleiben. Dadurch kann die Erinnerung an bekannte Personen weiter gepflegt werden, bis möglicherweise das Grab jemand neu übernimmt.
Vor einigen Jahren war die Errichtung eines Friedhofsgebäudes mit Kühlräumen, den Garderoben für Priester und Bestattungspersonal und der Friedhofskanzlei geplant. Dabei sollte auch der rechte Teil der Kapelle für die Trauergäste verfügbar gemacht werden. Auf Grund der finanziell schwierigen Situation und anderer prioritärer Vorhaben, wie der Bau von Kindergärten oder des Bildungszentrums, sind diese Pläne nicht realisiert worden.
Wichtig wäre es, den Plan und die Belegung des Friedhofs zu digitalisieren, und mittels einer Suchmaschine die Grab- und Personensuche online zu ermöglichen.
Die Kieswege und Rasenflächen zwischen den Gräbern müssen, um den naturnahen Charakter zu sichern, erhalten werden. Eine Versiegelung ist aus umwelttechnischen und auch ästhetischen Gründen abzulehnen.
Den vielen Menschen, die die Gräber pflegen und Ihrer verstorbenen Angehörigen und Freunde gedenken, sei herzlichst gedankt, denn sie gestalten und sichern den Friedhof als Erinnerungsort.
Der Friedhof ist ein Zeichen der individuellen und kollektiven Erinnerung, ein Teil des kulturellen Gedächtnisses einer Gesellschaft und somit ein Spiegel der Geschichte der Stadt.
Quellen:
Schlintner, Kurt, Stichwort Purkersdorf. Die Wienerwaldstadt von A-Z (Purkersdorf 2003),